vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung nach § 129 AO; Divergenz zwischen den Elster- und den Elster-Lohn I-Daten
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Korrektur eines Steuerbescheids nach § 129 AO.
- In der Übernahme fehlerhaft übertragener LSt-Daten muss keine Unrichtigkeit nach § 129 AO liegen.
- Hat der Stpfl. seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der elektronisch per Elster an das FA übermittelten ESt-Erklärung zutreffend erklärt, weichen die Angaben in der von dem ArbG via Elster Lohn I übermittelten elektronischen LSt-Bescheinigung zu Gunsten des Stpfl. hiervon ab und setzt das FA - trotz eines computergestützten Bearbeitungshinweises wegen dieser Divergenz - die ESt auf der Grundlage der - unzutreffenden - Lohnangaben des ArbG fest, kommt eine Berichtigung der fehlerhaften Steuerfestsetzung nach § 129 AO nicht in Betracht.
Normenkette
AO § 129
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid 2012 vom 2. August 2013 nach § 129 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden durfte.
Die Antragsteller sind verheiratet und wurden für Zwecke der Einkommensbesteuerung des Streitjahres zusammen veranlagt. Im Jahr 2013 übermittelten sie ihre Einkommensteuererklärung in elektronischer Form via Elster und übersandten außerdem die komprimierte Steuererklärung an das Finanzamt. In der Steuererklärung gab der Antragsteller bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit – zutreffend – einen Bruttoarbeitslohn von 41.046,- € sowie einbehaltene Lohnsteuer i.H.v. 4.605,96 € an.
Ebenso übermittelte der Arbeitgeber des Antragstellers dem Finanzamt eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung via Elster Lohn I und teilte – versehentlich unzutreffend – einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 27.364,- € und Lohnsteuer in Höhe von 3.070,62 € mit.
Das Finanzamt erließ am 2. August 2013 einen Einkommensteuerbescheid gegenüber den Antragstellern und legte dabei die fehlerhaften Daten des Arbeitsgebers zugrunde.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei dem Arbeitgeber des Antragstellers stellte das Finanzamt fest, dass die Daten des Antragstellers falsch an das Finanzamt übermittelt worden waren. Es erließt daher am 31. Oktober 2013 einen nach § 129 AO geänderten Bescheid mit den richtigen höheren Daten.
Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Antragsteller Klage erhoben und die Aussetzung der Vollziehung beantragt.
Sie sind der Auffassung, eine Änderung des Bescheides sei nicht mehr möglich gewesen. Insbesondere könne sich das Finanzamt nicht auf § 129 AO berufen, da eine hierfür erforderliche offenbare Unrichtigkeit nicht vorliege. Die Besteuerungsgrundlagen seien im Rahmen der Elster-Steuererklärung vollständig und zutreffend erklärt worden. Das Finanzamt habe diese Werte aber nicht übernommen und stattdessen die fehlerhaften Angaben des Arbeitgebers für die Festsetzung herangezogen. Der Fehler sei durch die bewusste Eingabe des falschen niedrigen Arbeitslohns zustande gekommen. Es liege somit nicht mehr nur ein mechanisches Versehen vor, so dass eine Änderung nach § 129 AO ausscheide.
Die Antragssteller beantragen,
die Vollziehung des Änderungsbescheides vom 30.10.2013 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass es sich bei der fehlerhaften Übertragung der Lohndaten um eine ähnlich offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO handele. Der Bearbeiter habe bei der Bearbeitung nicht bemerkt, dass die Übermittlung fehlerhaft gewesen sei. Entsprechend der Entscheidung des FG Münster (v. 24. Februar 2011 – 11 K 4239/07 E, EFG 2011, 1220) habe auch kein Anlass bestanden, die Divergenz zwischen den Angaben zu überprüfen.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag ist begründet.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall gegeben.
b) Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.
Voraussetzung ...