vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IV R 16/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionsabzugsbetrag für Werkzeuge
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG in der bis 2015 geltenden Fassung.
- Sog. Spritzgussformen gehören als abnutzbare bewegliche WG zum Anlagevermögen des Betriebs der Klin.
- Zu der Frage, wann Werkzeuge ausschließlich in der inländischen Betriebsstätte genutzt werden.
- Der Einsatz und die zwischenzeitliche Lagerung von Werkzeugen des Anlagevermögens (hier: Spritzgussformen) bei einem (ausländischen) Auftragnehmer ist bei funktionaler Betrachtung der einzigen inländischen Betriebsstätte zuzuordnen, wenn die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut regelmäßig innerhalb kurzer Frist erlangt werden kann und damit im Einflussbereich des Betriebes verbleibt.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b
Streitjahr(e)
2012, 2013
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrages und der Sonderabschreibungen für sogenannte „Werkzeuge” (mehrere Spritzgussformen).
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft und stellt selbst … Produkte her. Sie hat eine einzige Betriebsstätte und zwar am Sitz der Gesellschaft. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Vorprodukte kauft sie teilweise zu bzw. lässt diese durch andere Unternehmen herstellen. Sie benötigt für die Herstellung eines ihrer Produkte u.a. Kunststoffformteile, die im Spritzgussverfahren hergestellt werden. Sie selbst verfügt nicht über die Maschinen, um solche Spritzgussteile selbst herstellen zu können. Dazu bedient die Klägerin sich anderer Unternehmen. Im Einzelnen:
Für ein neu entwickeltes Produkt benötigte die Klägerin im Jahr 2013 die entsprechenden Spritzgussformen für die verschiedenen Teile. Solche Spritzgussformen werden in der Produktion als „Werkzeuge” in universelle Spritzgussmaschinen eingesetzt und produzieren dann die gewünschten Kunststoffformteile. Die Klägerin beauftragte im Jahr 2013 ein darauf spezialisiertes Unternehmen, die A, mit der Planung und Herstellung der entsprechenden Spritzgussformen für rund 75.000 €. Die A sollte später auch die Spritzgussteile – wie bei Kleinserien branchenüblich unter Zurverfügungstellung der benötigten Werkzeuge – nach Staffelpreisen liefern und deshalb die Werkzeuge im Besitz behalten. Die neuen Werkzeuge, Konstruktionszeichnungen und Datenblätter gingen nach Abnahme und Bezahlung in das Eigentum der Klägerin über.
Die A vergab den Auftrag zur Herstellung der Werkzeuge tatsächlich an einen Subunternehmer in Italien, der diese auftragsgemäß herstellte. Die neuen Werkzeuge blieben auch nach dem Eigentumserwerb durch die Klägerin zunächst bei diesem Subunternehmen der A in Italien (Y). Später beauftragte/bestellte die Klägerin die Herstellung der Kunststoffformteile in der benötigten Anzahl im Einverständnis mit der A bei der B; dabei handelt es sich um eine Schwestergesellschaft der A mit identischem Geschäftsführer. Die B beauftragte ihrerseits ein anderes italienisches Unternehmen (Z) mit der Produktion und Lieferung der bestellten Kunststoffformteile nach Deutschland. A und B veranlassten, dass der Z dafür die erforderlichen Werkzeuge zur Verfügung standen und wiesen die Y an, die Werkzeuge dorthin zu liefern. Nach Abschluss der ersten Produktion der Kunststoffformteile verblieben die zugelieferten Werkzeuge auf Wunsch der Klägerin im Lager der Z, um dort – wie es branchenüblich ist – für evtl. Folgeaufträge zur Verfügung zu stehen; die Werkzeuge durfte Z nicht anderweitig einsetzen. Die bestellten Kunststoffformteile wurden aus Italien über die B der Klägerin geliefert. Nach den zwischen der Klägerin und der A abgeschlossenen Vereinbarungen müssen die A bzw. deren Subunternehmen die Werkzeuge auf Verlangen der Klägerin auch ohne einen gerichtlichen Titel herausgeben.
Seither bestellt die Klägerin jährlich einmal die Kunststoffformteile bei der B, die diese bei der Z herstellen und von dieser liefern lässt. Die Werkzeuge werden dafür für etwa eine Woche pro Jahr tatsächlich genutzt und in der übrigen Zeit bei der Z für die Klägerin gelagert.
Die Klägerin berücksichtigte im Streitjahr 2012 für die anzuschaffenden bzw. herzustellenden Werkzeuge gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 28.000 €. Nach der Anschaffung der Werkzeuge aktivierte sie die Werkzeuge als Anlagevermögen und nahm Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG sowie nach § 7g Abs. 5 EStG vor und berücksichtigte daneben die AfA nach § 7 Abs. 1 EStG.
Im Zuge einer Außenprüfung wurde streitig, ob die Verbleibensvoraussetzungen nach § 7g EStG eingehalten worden seien, da sich die Werkzeuge seit Jahren in Italien befänden. Der Betriebsprüfer vertrat schließlich die Ansicht, es läge eine „unentgeltliche Überlassung der Werkzeuge” an die Z in Italien vor, so dass die erforderliche Nutzung in einer inlä...