rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einspruch gegen Zinsfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Die Festsetzung der Umsatzsteuer und der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO stehen selbstständig nebeneinander und sind lediglich in einem Bescheid miteinander verbunden. Die jeweiligen Festsetzungen der Steuer und der Zinsen müssen unabhängig von einander angefochten werden.
Normenkette
AO 1977 § 233a
Streitjahr(e)
2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob zulässige Einsprüche gegen die Zinsfestsetzungen zur Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2015 vorliegen.
Die Klägerin betreibt ein Hotel mit Gastwirtschaft in X. Im Anschluss an eine Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2015 hat der Beklagte (das Finanzamt – FA -) am 12.9.2018 geänderte Umsatzsteuerbescheide erlassen. Da es aufgrund der Außenprüfung zu
Nachforderungen der Umsatzsteuer gekommen war wurden neben den Steuernachzahlungen auch Nachzahlungszinsen festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2018 legte die Klägerin vertreten durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten gegen u.a. gegen die Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer Einspruch ein, den sie wie folgt formulierte:
”(…) Gegen die Umsatzsteuerbescheide (Steuernummer …) … der Jahre 2010 bis einschließlich 2015, jeweils vom 12.9.2018, legen wir hiermit auftragsgemäß und in Vollmacht Einspruch ein“ (…).
Mit Schriftsatz vom 22.11.2018 ergänzten die Prozessbevollmächtigten das Einspruchsschreiben dahingehend, dass die Einsprüche auch die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Nachzahlungszinsen betreffe. Insofern solle das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts im Verfahren 1 BvR 2237/14 ruhen. Zur Begründung verwies die Klägerin auf die neuere Rechtsprechung des BFH, in der für den Zeitraum ab 1.4.2012 verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO von 6% geäußert werden (Hinweis auf BFH-Beschl. v. 3.9.2018 – VIII B 15/18).
Das FA wies mit Einspruchsbescheid vom 7.3.2019 den Einspruch der Klägerin als unzulässig (verspätet) zurück. Im Einspruchsbescheid verwies das FA darauf, dass unter dem 12.9.2018 sog. Sammelbescheide ergangen seien, die nicht nur über die Festsetzung der Umsatzsteuer, sondern – gesondert – auch über die Zinsfestsetzung ergangen seien. Die Einsprüche der Klägerin hätten sich lediglich gegen die jeweilige Steuerfestsetzung gerichtet, nicht jedoch auch gegen die Zinsfestsetzung. Dies sei erst mit Schriftsatz vom 22.11.2018 – nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist - geschehen.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin verweist zunächst darauf, dass von Anfang an auch gegen die Zinsfestsetzungen Einspruch eingelegt werden sollte. Dies sei auch Bestandteil des Einspruchsschreibens vom 12.10.2018 gewesen. Man habe seinerzeit ausdrücklich gegen die ”Umsatzsteuerbescheide“ Einspruch eingelegt. Dieser Begriff erfasse mehrere Verwaltungsakte. Erkennbar habe man mit dem Schreiben vom 12.10.2018 gegen alle Bescheide vom 12.9.2018 Einspruch eingelegt. Nur das Wort ”Umsatzsteuer“ im Einspruchsschreiben könne nicht dazu führen, dass dieses Wort exakt der Überschrift durch das FA entspreche, obwohl im Bescheid vom 12.9.2018 auch Zinsen festgesetzt würden. Die nachgereichte Erklärung (Schriftsatz vom 22.11.2018) stelle die erste inhaltliche Konkretisierung des Einspruchs vom 12.10.2018 dar und wende sich ausdrücklich auch gegen die Zinsfestsetzung.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend auf die Entscheidung des BFH v. 28.11.2001 – I R 93/00 verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Zinsfestsetzungen in den Bescheiden betreffend die Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 bis 2015 jeweils vom 12.9.2019 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA verweist zur Begründung auf seinen Einspruchsbescheid vom 7.3.2019. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Einspruchsschreiben der Klägerin vom 12.10.2018 nicht um ein auslegungsbedürftiges Schriftstück handele.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet
Zu Recht hat das beklagte FA die Einsprüche der Klägerin gegen die Zinsfestsetzungen in den Bescheiden über Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 bis 2015 jeweils vom 12.9.2018 als unzulässig zurückgewiesen.
Bei den Umsatzsteueränderungsbescheiden 2010 bis 2015 vom 12.9.2018 handelt es sich- wie bei allen Steuerbescheiden – um sog. Sammelbescheide. Die Festsetzung der (Umsatz-) Steuer und der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO stehen selbständig nebeneinander und sind lediglich in einem Bescheid verbunden. Die jeweiligen Festsetzungen können und müssen daher unabhängig voneinander angefochten werden (BFH-Urt. v. 28.1.2001 – I R 93/00, BFH/NV 2002, 613; BFH-Urt. v. 18.1.2007 – IV R 35/04, BFH/NV 2007, 1509; BFH-Urt. v. 8.5.2008 – VI R 12/05, BStBl II 2009, 116).
Die von einem Rechtsanwalt stammende Formulierung in dem Schreiben vom 12.10.2018, es werde gegen den Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2015 jeweils vom 12.9.2018 Einspruch eingelegt, kann nicht als Einspruch auch gegen den ...