vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzugszinsen wegen verspäteter Ausgleichszahlung für das Erlöschen eines Erbbaurechts führen zu Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu der Frage, wann Schuldzinsen bei der Ermittlung der Einkünfte aus VuV als WK oder als AK zu beurteilen sind.
  2. Verzugszinsen wegen verspäteter Ausgleichszahlung für das Erlöschen eines Erbbaurechts führen unabhängig davon, warum verspätet gezahlt worden ist, zu WK.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; HGB § 255

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

Strittig ist, ob Verzugszinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten oder als Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2004 ein Gewerbe und erzielte außerdem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Da sie keine Einkommensteuererklärung abgab, schätzte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 10. Juli 2006. Im hiergegen geführten Einspruchsverfahren erklärte die Klägerin aus einem Objekt in Hannover Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 21.136 Euro. An diesem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück war mit Vertrag vom 19. Juni 1951 ein Erbbaurecht für die Dauer von 50 Jahren bestellt worden. Der Erbbauberechtigte bestellte der Klägerin in der Folgezeit an vier Wohnungen in dem auf dem Grundstück errichteten Gebäude ein Dauerwohnrecht. Im Jahre 2002 erlosch das Erbbaurecht. Gemäß § 9 des Erbbauvertrages wurde eine Ausgleichszahlung der Klägerin gegenüber dem Erbbauberechtigten, der D. GmbH & Co. Grundbesitz OHG (im Folgenden: D.), fällig. Ein Anerkenntnisurteil des Landgerichts Hannover sprach der D. daraufhin eine Ausgleichzahlung i.H.v. 212.697 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 39.931 Euro zu. Zum 31. Dezember 2004 verkaufte die Klägerin das Grundstück an die OHG zu einem Kaufpreis von 460.000 Euro. Dabei sollte ein Kaufpreisanteil i.H.v. 212.697 Euro nebst bis zu 7,37 v.H. Zinsen seit dem 10. Mai 2002 mit der Forderung der D. verrechnet werden. In dem Kaufvertrag ist weiter festgehalten, dass die D. der Klägerin seit dem 1. April 2002 offene Mieten i.H.v 37.227 Euro schuldet. Der demnach noch zu zahlende Kaufpreis durch die D. i.H.v 244.598 Euro sollte zum 31.Dezember 2004 fällig werden.

Mit Schreiben vom 26. März 2007 vertrat die Klägerin gegenüber dem FA die Auffassung, dass sich aufgrund der Verrechnung der Mieteinnahmen mit Kreditzinsen ein Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergebe. Mit Schreiben vom 5. April 2007 vertrat das FA eine andere Auffassung und wies die Klägerin auf die Möglichkeit der Verböserung des Bescheids hin.

Im daraufhin ergangenen Einspruchsbescheid vom 17. März 2008 setzte das FA die Einkommensteuer höher fest und wies den Einspruch der Klägerin zurück. Die von der Klägerin an die D. gezahlten Verzugszinsen stellten Anschaffungskosten für das Gebäude dar und seien lediglich im Rahmen von Aufwendungen für Abschreibungen abzusetzen. Daneben seien die Mieteinnahmen, die die D. der Klägerin noch geschuldet habe, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, bei den Verzugszinsen handele es sich um Finanzierungs- und damit um Werbungskosten. Zwar sei die Entschädigungszahlung zum Erwerb des durch die D. errichteten Hauses aufgewandt worden. Finanzierungskosten gehörten aber nicht zu den Anschaffungskosten, sondern zu den sofort abziehbaren Geldbeschaffungskosten. Die D. habe der Klägerin durch das Hinausschieben der Fälligkeit ein Darlehen in Höhe der Entschädigungszahlung gewährt und dies nach den gesetzlichen Konditionen verzinst. Die Zinsen seien nicht durch den Erwerb des Objektes sondern durch den Verzug begründet und somit auf Ausgleich des Verspätungsschadens bei der D. gerichtet.

Die Klägerin beantragt,

bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 98 v.H. von 39.931 € zu berücksichtigen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe Aufwendungen erbracht, die auf einem Versäumnis ihrerseits beruhten und nicht mit der Finanzierung eines Wirtschaftsgutes zusammenhingen. Die Aufwendungen seien vielmehr als Schadensersatz anzusehen und gleichrangig wie Notarkosten oder Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Das FA hat die strittigen Verzugszinsen zu Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin berücksichtigt. Allerdings sind sie nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie nicht auf die von der Klägerin selbst bewohnte Wohnung entfallen.

1. Zu den bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG –) abziehbaren Werbungskosten gehören auch Schuldzinsen, soweit sie mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Schuldz...

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