vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines Antrags auf Aufteilung der Steuerschuld nach Erteilung des Aufteilungsbescheides
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen und zum Inhalt eines Aufteilungsbescheides betr. die Aufteilung der ESt-Schuld von Ehegatten.
- Die Befugnis des Gesamtschuldners, einen Aufteilungsantrag zu stellen, steht keine Einrede i. S. des BGB dar.
- Die Vorschriften über die Aufteilung einer Gesamtschuld sehen nicht vor, dass der Schuldner den Aufteilungsantrag zurücknimmt. Denn mit dem Aufteilungsantrag übt der Gesamtschuldner ein verwaltungsrechtliches Gestaltungsrecht aus.
- Die Ausübung eines verwaltungsrechtlichen Gestaltungsrechts ist unwiederholbar und unwiderruflich.
- Wer als Gesamtschuldner einen Aufteilungsantrag gestellt hat, kann diesen auch im Verfahren über den Einspruch gegen den Aufteilungsbescheid nicht zurücknehmen.
Normenkette
AO §§ 268, 269 Abs. 1, §§ 277, 280, 367 Abs. 2; EStG § 26a
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger berechtigt ist, seinen Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung vor Bestandskraft des bereits erteilten Aufteilungsbescheides zurückzunehmen.
Mit Bescheid vom 24. November 2011 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau, der Beigeladenen, die Einkommensteuer für das Jahr 2010 (Streitjahr) auf … € fest. Der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens legte das FA Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit sowie Einkünfte der Beigeladenen aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde. Da die Eheleute keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, ermittelte das FA die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren reichten der Kläger und die Beigeladene beim FA die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein, mit der sie Zusammenveranlagung beantragten. Der Kläger und die Beigeladene erklärten, seit Juli 2011 dauernd getrennt zu leben.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2012 setzte das FA für das Streitjahr Einkommensteuer in Höhe von … € fest. Aus dem Abrechnungsteil ergab sich eine Nachforderung des FA in Höhe von insgesamt 1.100 €…Gegen die Festsetzung der Einkommensteuer legten der Kläger und die Beigeladene keinen Rechtsbehelf ein.
Auf Antrag des Klägers vom 21. Juni 2012 erteilte das FA am 11. Juli 2012 einen Aufteilungsbescheid. Dadurch teilte das FA die Gesamtschuld nach dem Verhältnis der Beträge auf, die sich bei getrennter Veranlagung zur Einkommensteuer ergäben. Dies führte dazu, dass auf den Kläger 100 v. H. und auf die Beigeladene 0 v. H. der Steuer entfielen. Den Kläger trifft hiernach eine Nachforderung in Höhe von 2.500 €, während der Beigeladenen eine Erstattung in Höhe von 1.400,00 € zusteht. …
Gegen den Aufteilungsbescheid legte der Kläger am 12. Juli 2012 Einspruch ein. Er nehme den Aufteilungsantrag zurück. Aufgrund des Bescheides habe sich die Steuerschuld des Klägers erhöht. Auch die Beigeladene habe durch den Bescheid keinen Vorteil. Einerseits würden die ihr zustehenden Erstattungen mit Rückständen aufgerechnet. Andererseits müsse der Kläger die Unterhaltszahlungen an die Beigeladene solange einstellen, bis die Abgabenschuld getilgt sei. Mit Bescheid vom 14. November 2012 zog das FA die Beigeladene zum Einspruchsverfahren hinzu.
Den eingelegten Rechtsbehelf wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 28. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Ein Aufteilungsantrag könne nur solange zurückgenommen werden, bis der Aufteilungsbescheid nicht erteilt sei. Ein erteilter Aufteilungsbescheid könne nur aus den in § 280 der Abgabenordnung (AO) genannten Gründen geändert werden. Nicht zu diesen Gründen gehöre die Rücknahme des Aufteilungsantrags. Eine solche Rücknahme sei auch nicht im Einspruchsverfahren möglich. Denn in diesem Verfahren könnten nur Einwendungen gegen die Art der Aufteilung (d. h. gegen die Berechnung der Aufteilungsanteile) erhoben werden. Da § 280 AO gegenüber §§ 130 ff. AO und §§ 172 ff. AO die speziellere Vorschrift sei, würden die Änderungsmöglichkeiten für Aufteilungsbescheide hierdurch abschließend geregelt.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 13. Januar 2013 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Aufteilungsbescheides vom 11. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Dezember 2012 begehrt. Er nehme den Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld zurück. Die Folgen des Antrags seien dem Kläger bei Antragstellung nicht klar gewesen.
§ 280 AO stehe einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen, weil diese Vorschrift nur die Änderung, nicht aber die Aufhebung eines Aufteilungsbescheides regele. Eine Ausweitung des Regelungsbereichs des § 280 AO auf die Aufhebung eines Aufteilungsbescheides widerspräche der Rechtssystematik der AO. Wenn der Schuldner im Einspruchsverfahren den Aufteilungsantrag zurücknehme, sei dem Aufteilungsbescheid die Grundlage entzogen.
Der Kläger beantragt,
den ...