vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 6/06)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustvortrag bei Wegfall einer Mehrmütter-Organschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Die Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 10a GewStG setzt Unternehmer- und Unternehmensidentität voraus.
- Bei Personengesellschaften richtet sich die gewerbesteuerliche Beurteilung der Unternehmeridentität nach der Identität der an ihnen als Mitunternehmer beteiligten Gesellschafter.
- Die Berücksichtigung eines Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG erfordert, dass der Gewerbebetrieb im Abzugsjahr von demselben Unternehmer betrieben wird, der den Verlust im Entstehungsjahr erlitten hat.
- Bei einer Organschaft kommt es für die Anwendung des § 10a GewStG auf das Unternehmen des Organträgers an. Denn Verluste, die während des Bestehens der Organschaft entstanden sind, sind erst auf einer zweiten Stufe – nach isolierter Ermittlung des Gewerbeertrages der Organgesellschaft und des Organträgers – auf der Ebene des Organträgers als Gewerbesteuersubjekt zusammenzufassen.
- Bei einer Mehrmütter-Organschaft wird die Unternehmensidentität nicht durch die Organgesellschaften sondern durch die Gesellschafter der Mehrmütter-Personengesellschaft geprägt.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 S. 3, § 10a
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Gewerbeertrag der Organgesellschaft der Klägerin für den Erhebungszeitraum 1992 (Streitjahr) um einen vorgetragenen Gewerbeverlust aus den Vorjahren zu kürzen ist.
Die Klägerin hatte mit der M-GmbH (im Folgenden: M (alt)) einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen. Die M (alt) und die Z-KG (im Folgenden: Z) waren bis zum 31.12.1991 an der W- GmbH (im Folgenden: W) beteiligt. Der Anteil der M (alt) an der W betrug bis zum Jahre 1990 ca. 75 % und ab dem Jahre 1991 ca. 95 %. Die Z hielt jeweils die restlichen Anteile (24,8 und 4,8%). M (alt) und Z hatten sich (ausschließlich) zum Zweck der Sicherung eines einheitlichen Beherrschungswillens zu einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen. Zwischen der GbR und der W bestand ein steuerlich anerkannter Ergebnisabführungsvertrag.
Durch Vertrag vom 23. Januar 1992 verkaufte die Z ihre Beteiligung an der W mit Wirkung vom 01.01.1992 an die M (alt). Im August 1992 wurde die M (alt) - rückwirkend zum 01.01.1992 - auf die W als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen. Das Handelsgeschäft der M (alt) wird seither unter der Firma M-GmbH (= M neu) fortgeführt. Die beurkundeten Verträge sind im Handelsregister der Organgesellschaften eingetragen worden.
Nach einem internen - auf den 18.01.1992 datierenden Aktenvermerk -, sollte die Anteilsübertragung eine juristische Sekunde später als die Verschmelzung wirksam werden und dies in der notariellen Urkunde dokumentiert werden. In dem notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag fand der Inhalt des Aktenvermerks vom 18.01.1992 allerdings keinen (ausdrücklichen) Niederschlag.
Durch gesonderte Feststellung stellte das Finanzamt einen vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 in Höhe von 1.732.840 DM zugunsten der zwischen der MMW (alt) und der Z bestehenden GbR fest. Dieser setzte sich wie folgt zusammen:
Bis zum Jahre 1990 entstandene Verluste |
1.320.976 DM |
Verlust 1991: |
411.864 DM |
Zusammen |
1.732.840 DM |
Zunächst setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für die Klägerin erklärungsgemäß - unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) - fest. Es legte dabei einen Gewerbeertrag aufgrund eigener Tätigkeit der Klägerin in Höhe von ca. 11 Mio. DM und aufgrund der Organschaft mit der M (neu) einen Gewerbeertrag von 0 DM zugrunde. Das Finanzamt änderte im Anschluss an eine Außenprüfung den Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr und rechnete dem Gewerbeertrag der Klägerin nunmehr einen Gewerbeertrag aus der Organschaft mit der M (neu) in Höhe von 725.158 DM als Gewerbeertrag zu. Es vertrat die Auffassung, der Gewerbeverlust der Organgesellschaft (M (neu)) sei nicht um die vorgetragenen Verluste der GbR zu kürzen. Die Übernahme von Verlusten scheitere nämlich sowohl am Vorliegen der Unternehmens- als auch der Unternehmeridentität.
Die Klägerin ist der Auffassung, der aus der Organschaft mit der M (neu) resultierende Gewerbeertrag sei mit lediglich 0 DM anzusetzen. Der auf die M (alt) entfallende anteilige Gewerbeverlust in Höhe von ca. 1,3 Mio. (1.385.469 DM) sei dem Grunde nach ausgleichs- und vortragsfähig mit positiven Gewerbeerträgen der M (neu) ab dem Erhebungszeitraum 1992. Der auf die Klägerin entfallende Verlustvortrag berechne sich wie folgt:
Festgestellter Verlust zum 31.12.1991: |
1.732.840 DM |
(Feststellungsbescheid vom 22.03.1993) |
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Abzüglich untergehender Gewerbeverlust durch Ausscheiden der Z: |
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- bis 1990: 24,8% von 1.320.976 DM = |
327.602 DM |
- für 1991: 4,8% von 411.864 DM= |
19.769 DM |
Auf M (neu) übergegangener Verlustvortrag: |
1.385.469... |