rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unerlaubte Hilfe in Steuersachen durch einen Belasting-Adviseur; Zurückweisung als Bevollmächtigter im Besteuerungsverfahren nach § 80 Abs. 5 AO. Belasting-Adviseur; Berufsrecht; Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen; Steuerberatungsgesellschaft; Gemeinschaftsrecht
Leitsatz (redaktionell)
- Ein in den Niederlanden zugelassener “Belasting Adviseur”, der keine Prüfung nach dem StBerG als Voraussetzung für die Zulassung zur Berufsausübung in Deutschland abgelegt hat, kann nach § 80 Abs. 5 AO 1977 als Bevollmächtigter wegen unbefugt geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen i.S.v. § 1 Abs. 1 StBerG zurückgewiesen werden.
- Die Registrierung als “Belasting Adviseur” begründet keinen Anspruch auf Zulassung als Steuerberatungsgesellschaft in Deutschland.
- Sofern eine steuerberatende Tätigkeit mit grenzüberschreitendem Bezug nicht nachgewiesen ist, ergibt sich auch aus Gemeinschaftsrecht (Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 59 Abs. 1, 60 Abs. 3 EGV) keine Befugnis zur Hilfeleistung auf dem Gebiet der nach deutschem Recht geregelten Steuern.
Normenkette
EGVtr Art. 59 Abs. 1, Art. 60 Abs. 3 (jetzt Art. 50 EG); AO 1977 § 80 f.; StBerG § 32 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gem. § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen werden durfte.
Mit Schreiben vom 02.10.1995 legte die Klägerin gegen die Umsatzsteuerbescheide für 3. und 4. Quartal 1994 des Steuerpflichtigen G, W (Niederlande), Einspruch ein. Der Beklagte wies die Klägerin unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO in dem Besteuerungsverfahren des G zurück, da die Klägerin nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Den Einspruch gegen den Bescheid vom 6. Oktober 1995 wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 11. April 1997 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Zurückweisung als Bevollmächtigte. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, die Klägerin sei eine in den Niederlanden zugelassene Steuerberatungsgesellschaft für internationales Steuerrecht mit Sitz in W. Die Gesellschaft unterhalte in der Bundesrepublik Deutschland keine Niederlassung. Der Mitgesellschafter der Klägerin, O, sei Dipl.-Finanzwirt und als Steuerberater für internationales Steuerrecht in den Niederlanden zugelassen. Er verfüge über ausreichende Kenntnisse im deutschen Steuerrecht.
Die vom Beklagten verfügte Zurückweisung sei rechtswidrig, da sie gegen das einschlägige Recht verstoße.
Der BFH habe mit Urteil vom 19.07.1994 (BStBl II 1994, 875) die Zurückweisung einer Luxemburger Steuerberatungsgesellschaft damit begründet, dass die Gewährleistung des Steueraufkommens ein zwingendes nationales Allgemeininteresse darstelle, das den Nachweis ausreichender Kenntnisse des einschlägigen deutschen Steuerrechts erfordere und zur Voraussetzung einer Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen mache. Diese Kenntnisse seien durch den Mitgesellschafter O bei der Klägerin vorhanden. Nach Absolvierung der Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst der Finanzverwaltung in H im Januar 1975 sei Herr O bis einschließlich 1980 im gehobenen Dienst der Steuerverwaltung, zuletzt als Steueroberinspektor tätig gewesen. Demgemäß komme es maßgeblich darauf an, ob sich aus den EG-rechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft ohne nochmalige Eignungsprüfung und damit einen Anspruch auf Verteilung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne von § 1 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz ergebe. Dieser Anspruch sei bei der Klägerin gegeben. Nach Artikel 59 des EG-Vertrages beinhalte die Dienstleistungsfreiheit nicht nur ein Diskriminierungsverbot bezüglich der Staatsangehörigkeit, sondern ebenso das generelle Verbot der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs. Der BFH räume in seinem Urteil die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das Erfordernis einer Eignungsprüfung ein, sehe aber die Notwendigkeit dieser Einschränkung aus zwingenden Gründen des allgemeinen Interesses für gerechtfertigt an. Da der Mitgesellschafter ausreichende Kenntnisse im deutschen Steuerrecht durch Ablegung einer gleichgestellten Eignungsprüfung erbracht habe, verstoße die Zurückweisung sowohl gegen die BFH-Rechtsprechung als auch gegen geltendes EG-Recht. Da das Steuerberatungsgesetz sowie die bisherige Rechtsprechung des BFH gegen vorrangiges EG-Recht verstoße, sei die Vorlage beim EUGH zur Vorabentscheidung geboten. Eine Vorlagepflicht bestehe nach Artikel 177 Abs. 3 des EG-Vertrages.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass
a) der vom Kläger eingelegte Einspruch vom 02.10.1995 sowie die damit verbundenen Anträge als Verfahrenshandlungen vor der Zurückweisung wirksam sind und
b) die Zurückweisung als Bevollmächtigter gemäß § 80 Abs. 5 AO im Einspruchsverfahren des Steuerpflichtigen G, NL-W unzulässig ist und gegen vorrangiges EG-Recht verstößt. Der Beklagte ist anzuweisen, das Verfahren mit dem Kläger als Verfahrensbevol...