Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Steuerausweis in Gutschriften
Leitsatz (redaktionell)
- Derjenige, der mit einer Rechnung das USt-Aufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an.
- Die in einer Rechnung als Aussteller bezeichnete Person kann nur in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist.
- Wird USt gesondert ausgewiesen wird, fallen auch Gutschriften gegenüber Nichtunternehmern oder über nicht ausgeführte Leistungen unter § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG.
Normenkette
UStG § 14c Abs. 2
Streitjahr(e)
2008, 2009
Tatbestand
Streitig ist die Steuerschuld für den unberechtigten Ausweis von Umsatzsteuer in Gutschriften.
Der Kläger meldete zum 01.02.2008 bei der Gemeinde H. ein Gewerbe „Abbau und Entsorgung von nicht mehr benötigten Messeständen” an. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung benannte der Kläger sein Gewerbe mit „An- und Verkauf von Metall und Maschinen”.
Für die Voranmeldungszeiträume Januar bis April 2009 gab der Kläger Umsatzsteuer-Voranmeldungen über 0,-- € ab. Umsatzsteuererklärungen für 2008 und 2009 wurden nicht eingereicht. Am 06.10.2009 meldete der Kläger sein Gewerbe bei der Gemeinde ab.
Für den Streitzeitraum erklärte der Kläger nur Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er war und ist bis heute in Vollzeit bei einer Spedition tätig. Nebenberuflich arbeitete er als Türsteher einer Diskothek.
Das Finanzamt erhielt Kontrollmaterial, aus dem hervorging, dass 2008 und 2009 unter dem Namen des Klägers in erheblichem Umfang Ablieferungen von Schrott und (Alt-)Metallen bei vier Recyclingunternehmen getätigt wurden. In den Abrechnungen (Gutschriften) der Recyclingunternehmen mit dem Kläger wurde stets Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen.
Der Beklagte führte daraufhin für die Voranmeldungszeiträume Januar bis April 2009 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch und ermittelte daneben gemäß § 88 AO den Sachverhalt für 2008. Dabei kam er zu der Erkenntnis, dass der Kläger nicht selbst als Unternehmer tätig gewesen sei, sondern als Strohmann (sog. „Schreiber”) fungiert habe. Der Kläger habe Dritten seinen Namen und sein Gewerbe für deren Ablieferungen zur Verfügung gestellt. Der Kläger habe Gutschriften für Schrottlieferungen unterschrieben, den Kaufpreis incl. Umsatzsteuer entgegengenommen und das Geld an namentlich nicht bekannte Hintermänner weitergeleitet. Vor den Lieferungen des Schrotts sei der Kläger jeweils von den Hintermännern telefonisch kontaktiert und z.B. zur Fa. M. bestellt worden, wo er von deren Mitarbeitern bereits erwartet worden sei.
Dies alles räumte der Kläger ein. Als Hintermann bzw. Kontaktmann habe sich ihm gegenüber ein Türke aus Hamburg unter dem Namen B. vorgestellt. Diesen habe er in der Diskothek kennengelernt. Der Türke habe ihm erklärt, er würde ihm etwas verkaufen und zum selben Preis weiterverkaufen. Dies ginge „plus minus null” auf. Deshalb habe der Kläger „irgendwas” unterschrieben und pro Unterschrift ein sog. Handgeld von 100 € erhalten.
Aufgrund der oben genannten Feststellungen gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass der Kläger die in den Gutschriften unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer als Gutschriftempfänger nach § 14c Abs. 2 UStG schulde. Es erließ daher am 21.04.2010 Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar 2009 bis April 2009 und am 22.04.2010 einen Bescheid für 2008 über Umsatzsteuer.
Im Einspruchsverfahren konnte nachgewiesen werden, dass bei Abrechnungen mit drei der vier Recyclingunternehmen keine Gefährdung des Steueraufkommens mehr bestand, nachdem die Vorsteuern von diesen (drei) Recyclingunternehmen zurückgefordert werden konnten. Dementsprechend änderte der Beklagte im Einspruchsbescheid vom 25.10.2012 die Steuerfestsetzung nach § 14c Abs. 2 UStG insoweit zugunsten des Klägers ab, als die Umsatzsteuer für 2008 von 264.083,04 € auf 225.938,16 € herabgesetzt wurde. Die Umsatzsteuer für 2009 wurde im Einspruchsbescheid in Höhe von 84.256,98 € festgesetzt, d. h., die bisher als Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar bis April festgesetzte Umsatzsteuer von insgesamt 100.309,24 € wurde im Rahmen der Jahresfestsetzung für 2009 auf 84.256,98 € vermindert.
Streitig sind noch die Abrechnungen betreffend die Fa. M., wo eine Rückforderung der Vorsteuern scheiterte.
Der Kläger trägt vor, auch diese Abrechnungen erfüllten nicht den Tatbestand des § 14c Abs. 2 UStG. Nach übereinstimmender Kommentarmeinung sei die Anwendung von § 14c Abs. 2 UStG auf Gutschriften zumindest eingeschränkt. Ob die Erteilung einer Gutschrift an einen Nichtunternehmer zu dessen Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG führe, sei danach fraglich. Der Wortlaut dieser Vorschrift lasse eine Anwendung auf Gutschriften nur zu, soweit die Beteiligten vorher dieses Abrechnungsverfahren vereinbart und auch Kenntnis vom Widerrufsrecht gehabt hätten. Jedenfalls bei geschäftsunerfahrenen Nichtunternehmern...