rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erweiterte Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 AO für Geldtransfers zwischen einer zyprischen Limited und ihrer deutschen Zweigniederlassung
Leitsatz (redaktionell)
- Ist die Zweigniederlassung einer zyprischen Limited im Handelsregister eingetragen, so ist die Limited mit Sitz auf Zypern verpflichtet, für ihre inländische Zweigniederlassung Bücher nach den Vorschriften des HGB zuführen. In diesem Fall sind die in den inländischen Betriebsstätten erzielten Einkünfte der Limited solche aus Gewerbebetrieb.
- Eine rein innerbetriebliche Umschichtung bewirkt keinen Zugang von Wirtschaftsgütern.
- Zwar können Stammhaus und Betriebsstätte einander Leistungen erbringen. Bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns ist aber zu berücksichtigen, dass die Betriebsstätte nur unselbstständiger Teil des Gesamtunternehmens ist. daher können zwischen Betriebsstätte und Stammhaus keine schuldrechtlichen Beziehungen bestehen.
- Zwischen Betriebsstätte und Stammhaus abgeschlossene Verträge sind „ Insichgeschäfte” und steuerrechtlich unbeachtlich.
- Zum Inhalt der Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 und § 90 Abs. 2 AO.
- Gegenstand der Mitwirkungspflicht der Beteiligten ist nur der für die Besteuerung maßgebliche Sachverhalt.
Normenkette
AO §§ 12, 90; KStG § 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
2002, 2003
Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen der Hauptniederlassung der Klägerin auf Zypern an die deutsche Zweigniederlassung als verdeckte Betriebseinnahmen zu qualifizieren sind.
Die Klägerin ist eine Limited mit Sitz auf Zypern. Gesellschafter sind die A Limited und die B Limited. Bei diesen beiden Gesellschaften handelt es sich um nominelle Firmen des Registrierungsassistenten L. Die Klägerin ist auf Zypern als so genannte Offshore-Company gegründet worden. Solche Gesellschaften dürfen auf Zypern keine oder lediglich vom Gesetz her genehmigte administrative Tätigkeiten entfalten. Die Klägerin hat mehrere unselbstständige Zweigniederlassungen in verschiedenen europäischen Ländern.
Unter anderem betreibt sie in der niedersächsischen Stadt X eine Zweigniederlassung, die im Jahr 1999 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Zum Geschäftsführer der Zweigniederlassung wurde R bestellt. Die Klägerin stellt für ihre deutsche Zweigniederlassung Bilanzen auf. Unternehmensgegenstand der Zweigniederlassung war zunächst der Betrieb einer Diskothek und eines Gastronomiebetriebes auf einem Grundstück, das die Klägerin in 1999 für 2 Mio. DM gekauft hatte. Da dieser Betrieb erhebliche Verluste erwirtschaftete, stellte die Klägerin den Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung auf die Verpachtung der Räumlichkeiten um. In den Streitjahren erzielte die Zweigniederlassung ausschließlich Pachterlöse, bzw. in 2003 auch Einnahmen aus der Vermietung von Wohnraum. Aufgrund verschiedener Probleme mit den Pächtern erwirtschaftete die Zweigniederlassung auch in den Streitjahren Verluste in sechsstelliger Höhe. Die Verluste sowie die für die Begleichung der Kaufpreisraten notwendigen Geldmittel wurden überwiegend durch Geldzuflüsse seitens der Hauptniederlassung auf Zypern finanziert. In ihren Bilanzen weist die Zweigniederlassung diese Geldzuflüsse als „Darlehen” aus. In der Anfangsbilanz auf den 31. Dezember 1999 betrug der „Darlehensstand” rund 2,1 Mio. DM. Bis zum 31. Dezember 2003 wuchs der Betrag auf rund 1,7 Mio. EUR an. Die Zuführungen betrugen in den Streitjahren 77.327 EUR in 2002 und 260.194 EUR in 2003. In ihrer Buchführung behandelte die Zweigniederlassung diese Beträge ergebnisneutral.
Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens holte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) zahlreiche Auskünfte von Dritten ein und forderte die Klägerin mehrfach zu Ausführungen zum Sachverhalt und zur Vorlage von Nachweisen auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte „Allgemeine Ermittlungen” Bezug genommen. Für die Streitjahre legte die Klägerin Zahlungsbelege für Überweisungen der Hauptniederlassung auf Zypern an die deutsche Zweigniederlassung über insgesamt 40.000 $ (entspricht 42.131 EUR) für 2002 sowie 120.500 $ (entspricht 106.376 EUR) vor. Die Differenzen zu den Darlehensaufstockungen beruhten für das Jahr 2002 auf einer (nach Klägervortrag: von der Hauptniederlassung veranlassten) Zahlung der Fa. T Ltd. i.H.v. 35.000 $ (entspricht 35.195 EUR). Im Jahr 2003 ist die Aufstockung um 153.817 EUR höher als die Zahlungen der Hauptniederlassung. Dies beruht darauf, dass die Hauptniederlassung eine gegenüber Herrn W bestehende Verbindlichkeit in dieser Höhe „übernommen” hat.
Dem FA reichten die Erklärungen der Klägerin nicht aus. Es sah deren Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) als verletzt an und erhöhte dementsprechend den Gewinn der Klägerin um die Darlehensaufstockungen abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer (66.661 EUR netto aus 77.326 EUR brutto für 2002 und 224.305 EUR netto aus 260.194 EUR brutto in 2003). Auf der Basis dieser Rechtsansicht erließ das FA entsprechende Steue...