vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung eines sog. „echten Wohnmobils” nach Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO
Leitsatz (redaktionell)
- Mit Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO zum 1.5.2005 ist die bis dahin nur für Kombinationskraftwagen bestehende Sonderregelung ersatzlos entfallen.
- Demgemäß kann die Rechtsprechung des BFH, nach der Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild nicht als Pkw zu besteuern sind, keine Geltung mehr beanspruchen.
- In der gesonderten rückwirkenden Wohnmobilbesteuerung (§ 2 Abs. 2b KraftStG) liegt keine unzulässige Rückwirkung.
Normenkette
StVZO § 23 Abs. 6a
Streitjahr(e)
2005, 2006
Tatbestand
Streitig ist die rückwirkende Änderung der Besteuerung eines Wohnmobils.
Die Klägerin war bis zum 13. April 2007 Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … Es handelt sich hierbei um ein Wohnmobil mit einer zulässigen Gesamtmasse von 3.100 kg. Ursprünglich war das Fahrzeug als sonstiges Fahrzeug nach dem Gewicht besteuert worden. Mit Bescheid vom 18. Mai 2007 setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 2. November 2005 bis 31. Dezember 2005 auf 30 € und für die Zeit ab 1. Januar 2006 auf jährlich 460 € fest. Hierbei besteuerte der Beklagte das Fahrzeug für den Zeitraum vom 2. November bis 31. Dezember 2005 als sonstiges Fahrzeug und für den Zeitraum ab 1. Januar 2006 als Wohnmobil. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 1. Januar bis 12. April 2007 auf 128 € fest (so genannter Endbescheid). Den hiergegen erhobenen Einspruch begründete die Klägerin damit, dass die rückwirkende Änderung der Kraftfahrzeugsteuer für das (nicht mehr in ihrem Besitz befindliche) Fahrzeug nicht zulässig sei. Ihr Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der früheren Steuerbescheide hindere den Beklagten an einer rückwirkenden höheren Besteuerung. Hätte sie von einer Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer gewusst, wäre ihr Entschluss, das Wohnmobil zu veräußern, nicht erst Anfang 2007, sondern bereits 2006 gefasst worden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum eine nach dem Inhalt des Steuerbescheids bereits seit dem 1. Oktober 2005 bestehende Richtlinie bei der Forderung der Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2005 und 2006 nicht berücksichtigt worden sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 29. Juni 2007 als unbegründet zurück. Nach der bis zum 30. April 2005 gültigen Rechtslage seien Wohnmobile mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t nach Hubraum und Emissionsverhalten besteuert worden. Wohnmobile mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t – wie bei der Klägerin – seien hingegen als „andere” oder „sonstige” Fahrzeuge eingestuft worden und hätten damit der Gewichtsbesteuerung unterlegen. Mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO ab 1. Mai 2005 habe der Gesetzgeber auf diese Problematik reagiert. Mit Aufhebung dieser Vorschrift sei auch die verkehrsrechtliche Definition „Kombinationskraftwagen” und die relevante 2,8 t-Grenze entfallen und damit diesen Fahrzeugen die Grundlage für die Gewichtsbesteuerung entzogen worden. Ab 1. Mai 2005 seien schwere Geländewagen als Pkw nach Hubraum und Emissionsverhalten zu besteuern. Dies gelte auch für Wohnmobile mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t (so genannte schwere Wohnmobile). Mit dem Wegfall der Grundlagen für die Gewichtsbesteuerung hätten die betroffenen Fahrzeughalter deshalb auch nicht mehr auf den Fortbestand der bisherigen, für schwere Wohnmobile günstigen Besteuerung vertrauen können.
Wohnmobile seien in Anhang II Abschnitt A Nr. 5.1 der Richtlinie 70/156/EWG als Fahrzeuge der Klasse M (zur Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Fahrzeuge) mit besonderer Zweckbestimmung definiert. Die Anwendung der Pkw-Besteuerung nach Hubraum und Emissionsverhalten hätte für die in Rede stehenden schweren Wohnmobile bereits ab 1. Mai 2005 im Ergebnis zu einer deutlichen Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer geführt, was jedoch auf Grund der tatsächlichen Zweckbestimmung nicht als sachgerecht empfunden worden und auch nicht beabsichtigt gewesen sei. Deshalb sei nunmehr in § 18 Abs. 5 KraftStG ausdrücklich festgelegt worden, dass Wohnmobile bis 31. Dezember 2005 nach der bisherigen Rechtspraxis zu besteuern seien. Eine für Wohnmobile mit einem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t von der für Pkw anzuwendenden Besteuerungsgrundlage nach Hubraum und Emissionsverhalten abweichende begünstigende Regelung setze allerdings zwingend die Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes voraus. Mit Erlass vom 13. April 2005 seien die Finanzämter deshalb zunächst angewiesen worden, Wohnmobile bis zu einer gesetzlichen Neuregelung nach der bisherigen Rechtspraxis zu besteuern und entsprechende Steuerfestsetzungen ab dem vorgenannten Datum unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vorzunehmen. Hiervon sei die Klägerin jedoch nicht betroffen gewesen, weil d...