vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerberater bei Vermögensverfall trotz angekündigter Arbeit des Betroffenen im Angestelltenverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Bestellung als Steuerberater ist zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind.
  2. Vermögensverfall wird vermutet, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet wurde. Diese Vermutung ist widerlegbar.
  3. Allein die Möglichkeit, in Zukunft als angestellter Steuerberater zu sein, genügt nicht, den Entlastungsbeweis zu führen, dass Interessen der Auftraggeber trotz Vermögensverfalls nicht gefährdet sind.
 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.05.2007; Aktenzeichen VII B 36/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

Der 1941 geborene Kläger wurde 1971 zum Steuerbevollmächtigten und 1979 zum Steuerberater bestellt. Die steuerberatende Tätigkeit übte er seit dieser Zeit teilweise im Zusammenschluss mit Berufskollegen, teilweise im Rahmen einer Einzelpraxis aus. In den letzten Jahren führte der Kläger eine Einzelpraxis in X.

In den 90er Jahren investierte der Kläger in Wohnungen in Ostdeutschland. Diese Investitionen finanzierte er über Kredite. Nachdem es um die Jahrtausendwende zu einer starken Veränderung des Mietmarktes in den Anlageregionen gekommen war, erwirtschaftete der Kläger aus diesen Immobilien Verluste. Dies führte zu einem Verbrauch seiner liquiden Mittel und letztlich zu einer Überschuldung. Dementsprechend eröffnete das Amtsgericht X –Insolvenzgericht– über das Vermögen des Klägers mit Beschluss vom 21. Februar 2006 das Insolvenzverfahren.

Auch kam der Kläger seinen Verpflichtungen zur Abgabe von Steuererklärungen nicht mehr bzw. nicht mehr fristgerecht nach. So wurden die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer ab 1998 geschätzt. Eine Erklärung gab der Kläger nur für das Jahr 2001 ab. Die Umsatzsteuer wurde ab 2001 geschätzt. Auch Umsatzsteuervoranmeldungen gab der Kläger seit Juli 2004 nicht mehr ab, so dass die Besteuerungsgrundlagen hier ebenfalls geschätzt wurden. Die auf den Schätzungen beruhenden Steuern zahlte der Kläger, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, ab 2003 nicht mehr. Dementsprechend beliefen sich die vollstreckbaren Steuerrückstände im März 2005 auf rund 260.000 EUR, im November 2005 auf rund 315.000 EUR; hiervon entfallen ca. 21.000 EUR auf Umsatzsteuer 2001 bis Umsatzsteuer Juli 2005.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens gab der Insolvenzverwalter am 24. Februar 2006 dem Kläger den Geschäftsbetrieb (Steuerberaterpraxis) aus der Insolvenzmasse frei. Die in der Folgezeit fälligen Umsatzsteuerzahllasten aus den Umsatzsteuervoranmeldungen beglich der Kläger nicht immer fristgerecht, so dass auch insoweit Säumniszuschläge in geringem Umfang anfielen. Insbesondere die am 2. August 2006 fälligen Beträge für Februar bis Juni 2006 und die am 18. September 2006 fälligen Beträge für Juli und August 2006 in Höhe von insgesamt rund 2.200 € beglich der Kläger erst am 18. September 2006 durch Umbuchung bzw. am 29. September 2006 durch Zahlung.

Nachdem die Beklagte Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten hatte, hörte sie den Kläger nach mehreren erfolglosen Zustellungsversuchen mit Schreiben vom 27. April 2006 zum beabsichtigten Widerruf der Bestellung als Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG) an und gab ihm nach mehrmaliger Fristverlängerungen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15. August 2006.

Im Rahmen der Anhörung wies der Kläger darauf hin, dass das eröffnete Insolvenzverfahren nicht mangels Masse eingestellt worden sei, weil ausreichend eigenes Vermögen zur Teilbefriedigung der Gläubiger vorhanden sei. Weiterhin wies er darauf hin, dass er unverschuldet in Vermögensverfall geraten sei. Im Übrigen seien Auftraggeberinteressen durch seine Insolvenz nicht gefährdet. Im Rahmen eines weiteren Schriftwechsels äußerte der Kläger die Absicht, seine Praxis zu veräußern. Schließlich widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater mit Bescheid vom 14. September 2006 wegen Vermögensverfalls.

Gegen den Widerruf wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Insbesondere hebt er hervor, dass eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht vorliege, da er seinen Beruf beanstandungsfrei seit über 30 Jahren ausübe. Insoweit dürfe kein Automatismus dahingehend erfolgen, dass bei einem Vermögensverfall ohne weiteres die Bestellung als Steuerberater widerrufen werde. Weiterhin wolle er zukünftig als angestellter Steuerberater tätig werden, was eine Mandantengefährdung ebenfalls ausschließe. Insoweit verweist der Kläger auf ein Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 25. August 2005 (4 K 2348...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge