Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungskosten für ein in Ausübung eines Erbaurechts errichtetes Gebäude als sofort abzugsfähiger Aufwand bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Anschaffungskosten i. S. des § 255 Abs. 1 HGB sind Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dazu zählt insbesondere der Anschaffungspreis.
- Erschließungsaufwendungen für eine erstmalige Erschließung sind bei Erzielung von Gewinneinkünften – unabhängig von der Art der Gewinnermittlung – vorausgezahltes Nutzungsentgelt und damit Aufwand. Dieser darf nur bei Vorhandensein einer gesetzlichen Verpflichtung über die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt werden.
- Bei Erbbauberechtigten, die Überschussrechner sind, ist dieser Aufwand sofort abziehbar, auch wenn er bei Bilanzierenden in einen Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, 1, § 5 Abs. 1; HGB § 255
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1997
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Erschließungskosten für ein in Ausübung eines Erbaurechts errichtetes Gebäude im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln sind.
Die Klägerin betrieben in den Streitjahren eine Steuerberatungspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts. Sie ermittelte ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Der Gesellschafter M, Kläger zu 1), erwarb durch Vertrag vom Februar 1994 von dem Landwirt W aus Lüneburg ein Erbbaurecht. Auf dem Grundstück errichtete der Kläger zu 1) das Bürogebäude der Steuerberatungs-GbR und Klägerin. Nach dem Inhalt des Erbbaurechtsvertrages sollte der Kläger zu 1) dem Erbbaurechtsverpflichteten einen Erbbauzins in Höhe von jährlich 6.011 DM zahlen (§ 3 des Vertrages). Die Höhe des Erbbauzinsen soll nach § 3 Satz 2 des Erbbaurechtsvertrages auf einer Verzinsung in Höhe von 5 % des Verkehrswertes des Grundstückes in Höhe von 75 DM/qm beruhen. Nach § 6 des Vertrages sollte der Erbbauberechtigte alle den Eigentümer als solchen treffenden öffentlichen und privaten Abgaben und Lasten tragen. Gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks verpflichtete er sich außerdem dazu (§ 19 letzter Absatz), einen Erschließungsvertrag gemäß dem den Vertragsparteien vorliegenden Entwurf abzuschließen und die anfallenden Erschließungskosten zu übernehmen. Der Gesellschafter vereinbarte daraufhin mit einem Erschließungsträger – der für den Grundstückseigentümer handelte – einen Erschließungsvertrag und verpflichtete sich zur Übernahme der Erschließungskosten.
Der Kläger zu 1) zahlte folgende Erschließungskosten und sonstige Kosten, die er in der Feststellungserklärung als Sonderbetriebsausgaben geltend machte:
1994 |
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1995 |
1997 |
Erschließungskosten: |
44.338, 98 DM |
AG: 1.150 DM (Eintragungskosten) |
Erschließung: 22.169,44 |
Grunderwerbsteuer: |
2.263 DM |
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Notarkosten: |
964,40 DM |
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Auflassungskosten: |
77 DM |
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Maklergebühr: |
6.011 DM |
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Katasteramt: |
431,02 DM |
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Sonderung: |
2.243,93 DM |
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Summe 1994 |
56.329,33 DM |
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Die Summe der gesamten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Einräumung des Erbbaurechts 1994-1997 betrug somit 79.648,77 DM, davon waren 66.508,42 DM Erschließungskosten. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht als Sonderbetriebsausgaben an und behandelte die Aufwendungen als Anschaffungskosten. Es verteilte die Aufwendungen über die Laufzeit des Erbbaurechts im Wege der Absetzung für Abnutzung.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, die Übernahme von Erschließungskosten führe zu einem zusätzlichen Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks durch den Erbbaurechtsverpflichteten. Dieses Entgelt sei grundsätzlich beim bilanzierenden Erbbauberechtigten zu aktivieren und abzugrenzen bzw. beim Verpflichteten passiv abzugrenzen. Da die Klägerin aber eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG erstellten, bei der es keine aktiven oder passiven Rechnungsabgrenzungsposten gebe, seien die Aufwendungen in vollem Umfang sofort als Betriebsausgabe abziehbar. Es lägen auch keine Anschaffungskosten des immateriellen Wirtschaftsguts „Erbbaurecht” vor. Das BFH-Urteil vom 14.9.1999 (BFH/NV 2000, 558), in dem der BFH Anschaffungskosten angenommen habe, beziehe sich ausdrücklich nur auf die Behandlung bei der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, nicht aber auf Gewinneinkunftsarten.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinnes der Jahre 1994-1995 und 1997 dahingehend zu ändern, dass die Erschließungskosten des Klägers zu 1), wie in den Steuererklärungen erklärt, als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden und der Gewinnanteil der Klägers zu 1) für 1994 mit 82.672 DM, für 1995 mit 165.332 DM und für 1997 mit 128.897 DM angesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
und ist weiterhin der Auffassung, die Erschließungsaufwendungen seien nicht sofort als Betriebsausga...