Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer - Anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Zu der Frage, wann ein anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG vorhanden ist.
- Da das Gesetz darauf abstellt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann nicht abziehbar sind, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kommt es allein auf das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes an, nicht auf die Möglichkeit, einen solchen einzurichten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 1 EStG
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Feststellungsverfahren für das Kalenderjahr 2009 um die Frage, ob für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers die Gesellschafter Sonderbetriebsausgaben geltend machen können.
Die Klägerin, eine GbR, bestehend aus den Gesellschaftern T., Jens H. und A., sämtlich wohnhaft in Bremen, betreibt in H., ein Dyskalkulie-Therapie-Zentrum. Ihren Gewinn ermittelt die Klägerin nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die angemietete Immobilie in H. besteht aus sieben Räumen, vier Therapieräume, ein Badezimmer, ein Kopierraum und ein Pausenraum.
Die Therapieräume werden von den drei Gesellschaftern und fünf weiteren Therapeuten genutzt.
In ihrer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für das Kalenderjahr 2009 haben die Gesellschafter jeweils für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Das Finanzamt (FA) versagte den Sonder-betriebsausgabenabzug mit der Begründung, die Klägerin habe in Bremen einen gewerblich genutzten Raum für Bürotätigkeiten angemietet. Dieser Raum habe eine Größe von 16 m². Laut Mietvertrag sei die Benutzung des WCs inklusive. Dort in Bremen stehe den Gesellschaftern für ihre berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sodass ein Sonderausgabenabzug für die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich sei.
Gegen diese Kürzung wendet sich die Klägerin. Der in Bremen angemietete Raum habe lediglich eine Größe von 9 m². Er habe lediglich zur Aufbewahrung von alten Gutachten und Abrechnungen gedient. Der Raum sei schon aufgrund seiner Größe nicht für Verwaltungsarbeiten geeignet. Computer seien dort nicht vorhanden.
Im Übrigen habe nur der Gesellschafter T. den Raum in Bremen genutzt, nicht die anderen Gesellschafter.
In H. habe kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Die Therapieräume seien an jedem Tag bei acht Therapeuten ständig belegt.
Die Klägerin beantragt,
den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid 2009 in der Art zu ändern, dass für die Gesellschafter jeweils 1.250 € an weiteren Sonderbetriebsausgaben abgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, dass den Gesellschaftern in den Räumen in H. ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Unabhängig davon habe aber in Bremen ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Gesellschafter können jeweils weitere Sonderbetriebs- ausgaben für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in Höhe von 1.250 € beanspruchen.
Der Anspruch auf weitere Sonderbetriebsausgaben für die Nutzung der häuslichen Arbeitszimmer ergibt sich aus § 4 Abs. 4 Nr. 6b EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010. Hiernach sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bis zu einem Betrag von 1.250 € abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.
Die Gesellschafter haben jeweils eigene häusliche Arbeitszimmer, in denen sie berufliche Arbeiten erledigen. Dies ist unstreitig.
Den Gesellschaftern stand auch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, weder in den Räumen des Therapiezentrums in H. noch in dem angemieteten Raum in Bremen.
In H. stand den Gesellschaftern kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Die sieben Geschäftsräume in H. wurden wie folgt genutzt. Vier Räume wurden als Therapieräume genutzt. Diese Räume waren ausweislich der eingereichten Fotografien und der Erklärungen des Gesellschafters T. in der mündlichen Verhandlung nicht büromäßig mit PC, Ablagemöglichkeiten, Telefon usw. ausgestattet. Die Erklärung des Gesellschafters T., dass eine solche büromäßige Ausstattung die Atmosphäre in den Therapiesitzungen und damit der Arbeit hätte beeinträchtigen können, begründet die nicht erfolgte büromäßige Ausstattung der Therapiezimmer plausibel. Im Übrigen waren die Therapieräume – jedenfalls ab mittags – regelmäßig von den Gesellschaftern und den weiteren Therapeuten genutzt, sodass eine Nutzung der Therapiezimmer zu Verwaltungsarbeiten nicht möglich war.
Die verbleibenden drei Funktionsräume – Wartezimmer, Pausenraum und Kopierraum – waren ebenfalls nicht für Verwaltungsarbeiten ausgestattet. Hinsichtlich des Wartezimmers ergibt sich dies aus der vorgelegten Fotografie des Wartezimmers. Die Ungeeignetheit des Kopierraums als Raum für Verwaltungsarbeit ergibt si...