rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus Gewerbebetrieb: Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung des § 35 EStG.
- Dem Wortlaut des mit JStG 2008 geänderten § 35 EStG ist nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob bei der Ermittlung der Einkünfte ein horizontaler bzw. vertikaler Verlustausgleich vorzunehmen ist.
- Der mutmaßliche gesetzgeberische Wille beinhaltet sowohl einen horizontalen als auch einen vertikalen Verlustausgleich. Mit dem Wortlaut des Gesetzes ist dieser mutmaßliche Wille indes nicht in vollem Umfang vereinbar.
Normenkette
EStG § 35 Abs. 1 S. 2
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) streitig.
Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem gewerbliche Einkünfte aus verschiedenen Beteiligungen sowie Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Hausverwalter. Ferner erwirtschaftete er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus insgesamt 4 Objekten sowie aus 2 weiteren Beteiligungen und erzielte daneben Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie sonstige Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß und setzte zunächst eine Einkommensteuer von 0 € fest. Aufgrund verschiedener Mitteilungen über geänderte Beteiligungseinkünfte änderte das FA den Einkommensteuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer in Höhe 4.646 € fest. Es berücksichtigte gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen in Höhe von 31.622 €. Auf der Grundlage der anteiligen Gewerbesteuermessbeträge aus Beteiligungen von insgesamt 2.597 € berücksichtigte das FA eine Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte nach § 35 EStG in Höhe von 1.661 €.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Einspruch. Er war u. a. der Auffassung, die Ermittlung der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte sei vom FA fehlerhaft vorgenommen worden. Im Laufe des Einspruchsverfahrens änderte das FA den Bescheid gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO und half dem Einspruch des Klägers in weiteren Streitpunkten ab. Die Einkommensteuer in dem geänderten Bescheid setzte das FA in Höhe von 976 € fest und berücksichtigte dabei eine Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte nach § 35 EStG in Höhe von 3.738 €. Es ermittelte die Einkommensteuer wie folgt:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
Vorspalte |
Betrag |
Pos. Eink. |
aus Beteiligungen |
|
|
|
mit positiven Ergebnis |
95.078 € |
|
95.078 |
mit negativen Ergebnis |
-63.456 € |
31.622 € |
|
Einkünfte aus selbständiger Arbeit |
|
9.189 € |
9.189 |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
|
1.989 € |
1.989 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
|
|
|
aus bebauten Grundstücken |
|
|
|
Objekt 1 Ferienwohnung |
4.537 € |
|
4.537 |
Objekt 2 Ferienwohnung |
2.585 € |
|
2.585 |
Objekt 3 ETW |
2.688 € |
|
2.688 |
Objekt 4 Bürogebäude |
-2.457 € |
|
|
aus Beteiligungen |
|
|
|
Nr. 1 A-GbR |
-23.667 € |
|
|
Nr. 2 B.-GbR) |
3.255 € |
-13.059 € |
|
Sonstige Einkünfte |
|
4.656 € |
4.656 |
Summe der Einkünfte |
|
34.397 € |
120.722 |
Ab Altersentlastungsbetrag |
|
- 1.900 € |
|
Gesamtbetrag der Einkünfte |
|
32.497 € |
|
gezahlte Kirchensteuer |
|
-29 € |
|
Geleistete Zuwendungen § 10b EStG |
|
-477 € |
|
Vorsorgeaufwendungen |
|
-5.069 € |
|
Einkommen / zu versteuernden Einkommen |
|
26.922 € |
|
Einkommensteuer nach Grundtarif |
|
4.745 € |
|
Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte |
|
-3.738 € |
|
Steuerermäßigung nach § 34g Nr. 1 EStG |
|
-31 € |
|
festzusetzende Einkommensteuer 2009 |
|
976 € |
|
Nachrichtlich |
|
|
|
Summe der positiven gewerblichen Einkünfte |
|
95.078 € |
|
Summe aller positiven Einkünfte |
|
120.722 € |
|
Quotient i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG |
|
0,78758 |
|
Tarifliche Einkommensteuer |
|
4.745 |
|
Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte |
|
3.738 |
|
Der Kläger war der Auffassung, der Ermäßigungshöchstbetrag sei in Höhe von 4.362 € zu berücksichtigen. Der Quotient zur Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrages sei zu bilden aus der Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb - hier 31.622 € - und der Summe aller Einkünfte - hier: 34.397 € -. Das FA gehe zu Unrecht in seiner Berechnung davon aus, dass der Quotient zu bilden sei aus der Summe ausschließlich positiver gewerblicher Einkünfte und der Summe aller ausschließlich positiven Einkünfte, dass also weder ein horizontaler Verlustausgleich, im Rahmen einer Einkunftsart, noch ein vertikaler Verlustausgleich, zwischen den einzelnen Einkunftsarten, vorzunehmen sei.
Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens teilte das FA dem Kläger mit, dass es die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrages entsprechend der Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 24. Februar 2009 – IV C 6 – F 2296 – a/08/10002-2007/0220243 vorgenommen habe. Als positive Einkünfte seien daher nur die positiven Einkünfte aus der jeweiligen Einkunftsquelle anzusehen (so genannte quellenbezogene Berechnung). Eine Saldierung der positiven mit den negativen Einkunftsquellen innerhalb der gleichen Einkunftsarten und auch zwischen den verschiedenen Einkunftsarten fände nicht statt. Ergänzend wies es daraufhin, dass ihm jedoch bei der Berechnung des...