vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 22/06)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigungsanspruch bei Wechsel von der Pauschalbesteuerung zur Regelbesteuerung
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit Vorsteuerbeträge den Umsätzen im Rahmen eines LuF-Betriebes zuzurechnen sind, für die die Umsatzsteuer nach Durchschnittssätzen erhoben wird, werden die Vorsteuerbeträge pauschaliert nach der Bemessungsgrundlage der Ausgangsumsätze festgesetzt. Ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt.
- Der Wechsel von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG ist eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a UStG a.F.
- Nach Art. 20 der 6. EG-Richtlinie ist die Vorsteuerberichtigung in allen Fällen geboten, in denen sich bei Investitionsgütern die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern.
- Eine der Änderung der Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug entsprechende richtlinienkonforme Auslegung des § 15a Abs. 1 UStG a.F. ist dahingehend vorzunehmen, dass hinsichtlich der Änderung der Verwendungsverhältnisse in sog. Folgejahren nicht auf das Erstjahr der tatsächlichen Verwendung, sondern auf den konkreten Zeitpunkt des ursprünglichen Vorsteuerabzugs Bezug genommen wird. Demgemäß muss auch der Berichtigungszeitraum nicht an den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung, sondern an den Zeitpunkt der „Änderung der Verhältnisse” anknüpfen.
Normenkette
UStG § 15a Abs. 1
Streitjahr(e)
1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Landwirt. Mit seinen Umsätzen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit unterlag er bis einschließlich 1997 der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 Umsatzsteuergesetz - UStG -. Mit Schreiben vom 31.12.1998, das am 06.01.1999 beim Beklagten einging, verzichtete der Kläger ab 01.01.1998 auf die Anwendung des § 24 UStG und optierte zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG). Der Beklagte stimmte den Vorsteuerüberhänge ausweisenden Umsatzsteuererklärungen 1998 und 1999 zunächst zu.
Der Kläger hatte in 1997 mit dem Bau eines Boxenlaufstalles begonnen. Der Boxenlaufstall wurde im Dezember 1998 fertiggestellt und zu diesem Zeitpunkt erstmalig für landwirtschaftliche Zwecke verwendet. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Beklagte fest, dass der Kläger daraus begründete Vorsteuern aus 1997 in Höhe von ... DM in seiner Umsatzsteuererklärung 1998 geltend gemacht hatte. Er versagte den Vorsteuerabzug in dieser Höhe und berücksichtigte die Vorsteuerbeträge in den Streitjahren auch nicht anteilig nach § 15 a UStG. Gegen die im Übrigen aus anderen Gründen geänderten Umsatzsteuerbescheide 1998 und 1999 vom 21.10.2002 legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe hinsichtlich der in 1997 aus dem Bau des Boxenlaufstalles angefallenen Vorsteuern einen Vorsteuerberichtigungsanspruch gemäß § 15 a UStG für die Streitjahre. Dieser ergebe sich aus der Neufassung des § 15 a UStG und einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin vom 11.07.2002 (Az.: 7 B 7141/02) zu § 15 a UStG a.F., in der bereits vor Einführung des § 27 Abs. 8 UStG die Konsequenz aus der Änderung der Abhängigkeit des Vorsteuerabzugs von der Verwendungsabsicht gezogen worden sei. Durch die zeitliche Vorverlagerung des maßgeblichen Entscheidungszeitpunktes - „Absicht” statt „Nutzung” - sei eine Regelungslücke entstanden, die durch eine Analogie zu schließen sei. Letztlich sei die Gewährung der Vorsteuern auch aufgrund des Neutralitätsprinzips der Umsatzsteuer zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer für 1998 und 1999 jeweils um ... DM zu vermindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15 a UStG a.F. lägen nicht vor, da das Wirtschaftsgut nicht bereits vor Eintritt der Änderung der Verhältnisse am 01.01.1998 verwendet wurde, sondern erst im Dezember 1998. § 15 a UStG n.F. sei nicht erfüllt, da der Kläger in 1997 der Durchschnittsbesteuerung unterlag, die gem. § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG einen über den pauschalen Vorsteuerabzug hinausgehenden Vorsteuerabzug ausschließt und damit im Zeitpunkt des Leistungsbezugs der Vorsteuerabzug vom Kläger nicht aufgrund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen wurde.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Dem Kläger stehen anteilig Vorsteuern gemäß § 15 a Abs. 1 UStG a.F. aus dem Neubau eines Schweinestalls zu.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Soweit Vorsteuerbeträge jedoch den Umsätzen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes zuzurechnen sind, für die die Umsatzsteuer nach Durchschnittssätzen erhoben wird (§ 24...