Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsleistungen in eheähnlicher Lebensgemeinschaft als außergewöhnliche Belastung. Erweiterung des BFH-Urteils vom 30.07.1993 III R 16/92, BStBl II 1994, 31). Einkommensteuer 1992
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 06.09.1993 und des Einspruchsbescheides vom 09.12.1993 wird die Einkommensteuer 1992 auf 17.078 DM herabgesetzt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob vor der Eheschließung erbrachte Unterhaltsleistungen des Klägers (Kl.) gegenüber seiner jetzigen Ehefrau als außergewöhnliche Belastungen steuerlich zu berücksichtigen sind.
Der Kl. erzielte im Streitjahr als Steuersachbearbeiter bei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 25.09.1993 heiratete er.
Die Ehefrau des Kl. ist gebürtige Portugiesin. Sie hält sich nach der Meldebescheinigung der Stadt W. vom 12.07.1991 (Bl. 32 Gerichtsakte-GA) mindestens seit dem 20.06.1991 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Gegenüber der Ausländerbehörde gab sie an, Kunstwissenschaften studieren zu wollen. Sie erhielt zunächst zwei auf drei Monate befristete Aufenthaltsgenehmigungen, in denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit untersagt war, im März 1992 dann eine einjährige Aufenthaltsbewilligung ohne Nebenbestimmungen (Einzelheiten vgl. Bl. 41, 43, 45 GA).
Die Ehefrau hatte in Portugal Ende Juli 1990 ihr Studium der Geschichtswissenschaften abgeschlossen und damit die Befähigung erworben, als Lehrerin tätig zu werden. Im September 1990 gab sie ihre Bewerbungsunterlagen für eine Lehrerstelle bei der zuständigen Behörde ab (Bl. 63, 64 GA). Eine Einstellung als Lehrerin erfolgte nicht.
Im Streitjahr 1992 hat der Kl. seine Ehefrau unterhalten. Er hatte im Februar 1992 gegenüber der Stadt Braunschweig erklärt, für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau zu bürgen (Bl. 17 GA). Die Ehefrau erzielte aus einer Vorpraktikantenstelle ab Ende August 500 DM monatlich, insgesamt 2.150 DM im Streitjahr.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kl. den Unterhalt als außergewöhnliche Belastung geltend, und zwar die Hälfte der Mietaufwendungen (470,05 DM) sowie Aufwendungen für Lebensmittel und Kleidung (600 DM), mithin 12.840,60 DM (Einzelheiten siehe Bl. 11 Einkommensteuerakte – EStA). In dem angefochtenen Bescheid vom 06.09.1993 (Bl. 6 GA, dort Ziffer 3 der Erläuterungen) versagte der Beklagte (Bekl.) den Steuerabzug, da die Aufwendungen nicht zwangsläufig gewesen seien. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kl. den Abzug der Unterhaltsleistungen im Umfang des Höchstbetrags von 6.300 DM gem. § 33 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als außergewöhnliche Belastung begehrt.
Der Kl. meint, die Aufwendungen seien ihm zwangsläufig erwachsen. Er habe sich ihnen aus rechtlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen können. Die Ehefrau sei nur deshalb eingereist, um ihn zu heiraten. Er habe ihr in Anwesenheit ihrer Eltern die Ehe versprochen. Eigentlich sei die Heirat für Mai 1992 geplant gewesen. Der Termin habe jedoch verschoben werden müssen, weil er nicht in der Lage gewesen sei, die von Anfang an in Lissabon geplante Hochzeitsfeier zu finanzieren, weil er nach einem Mietrechtsstreit Zahlungen an den Vermieter zu leisten gehabt habe und umgezogen sei. Ferner habe auch noch ein neues Auto angeschafft werden müssen. Um den Familien die Teilnahme an der Hochzeitsfeier zu ermöglichen, sei die Eheschließung dann erst im September 1993 erfolgt.
Zu den Unterhaltsleistungen sei er rechtlich und sittlich verpflichtet gewesen. Die rechtliche Verpflichtung habe sich aus dem Eheversprechen und der Bürgschaft gegenüber der Stadt B. ergeben. Gegenüber Eltern, Geschwistern, verwandten und Freunden habe darüber hinaus eine gesellschaftliche Verpflichtung bestanden, so daß es ihm auch aus sittlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, keinen Unterhalt zu zahlen. Die Ehefrau habe auch darauf vertraut, daß er ihr Unterhalt gewähre. Im Hinblick hierauf habe sie ihre Einkunfts- und Verdienstmöglichkeiten in Portugal aufgegeben. Die Bedürftigkeit der Ehefrau, die über kein eigenes vermögen verfüge, sei daher durch das gemeinschaftliche Zusammenleben bedingt. Der angefochtene Bescheid lasse das Grundrecht auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) außer acht, aus dem auch Vorwirkungen auf die Zeit vor der Eheschließung abzuleiten seien (Hinweis auf BFH-Urteil vom 30.07.1993 III R 16/92, BFHE 172/85, BStBl II 1994, 31).
Die Unterhaltsaufwendungen seien auch schon deshalb zwangsläufig, weil für die Berechnung der Sozialhilfe die Einkünfte der Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften gem. § 122 ...