rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer-Freiheit für Medizinische Fußpflege (Podologie)?
Leitsatz (redaktionell)
- Zu der Frage, wann Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker etc. durchgeführt werden, umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind.
- Der Begriff der „Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin” ist ein autonomer unionsrechtlicher Begriff. Er umfasst Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und - soweit möglich - Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen.
- Leistungen, die keinem therapeutischen Ziel dienen, sind keine Heilbehandlungen.
- Bei sog. Podologen ist zu differenzieren: Sie erbringen zum Einen „medizinisch indizierte” Behandlungen, bei denen die Leistung unter ärztlicher Anleitung/auf ärztliche Veranlassung hin erfolgt. Diese medizinisch indizierten Leistungen sind Heilbehandlungen.
- Podologen erbringen indes auch sog. „selbstindizierte” Behandlungen, bei denen sich der Patient für die Inanspruchnahme eines Podologen entscheidet. Solche Behandlungen sind keine Heilbehandlungen und unterliegen daher nicht der Umsatzsteuerbefreiung.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Die Gesellschafterinnen der Klägerin, Frau X und Frau Y betreiben in H eine Praxis für Podologie in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie behandelten im Streitjahr die Umsätze als steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz. Hinsichtlich der Umsätze aus dem Verkauf von Pflegeprodukten wurde die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG angewandt.
In der Zeit vom 29.02.2012 bis zum 25.10.2012 führte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) mit Unterbrechungen bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Die Prüfung umfasste die Zeiträume 2005 - 2009. Nach Auffassung der Prüferin erzielte die Klägerin im Prüfungszeitraum nicht nur von der Umsatzsteuer befreite, sondern auch steuerpflichtige Umsätze. Unter Anwendung von Abschnitt 4.14.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vertrat die Prüferin die Rechtsauffassung, dass eine Befreiung von der Umsatzsteuer von podologischen Leistungen nur dann in Betracht kommt, wenn sie auf Grund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 31.10.2012 Bezug genommen.
Im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte das FA die Umsatzsteuerbescheide für den Prüfungszeitraum entsprechend der Prüfungsfeststellungen. Im Ergebnis wurde vom FA ein steuerpflichtiger Anteil an den Gesamtumsätzen der Klägerin von 25 % angenommen. In der Folge hat die Klägerin gegen den Umsatzsteuerbescheid 2007 Einspruch eingelegt, den das FA mit Einspruchsbescheid vom 08.07.2013 als unbegründet zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Klage. In der Klageschrift vom 02.08.2013 hat die Klägerin zunächst lediglich darauf verwiesen, dass sie ausschließlich umsatzsteuerfreie Einnahmen erziele. In der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2013 haben die Gesellschafterinnen der Klägerin erklärt, sie würden ausschließlich medizinische Behandlungen durchführen. Patienten mit kosmetischen „Problemen” würden abgewiesen. Die Patienten kämen lediglich dann zur Behandlung, wenn der Fuß nicht leistungsfähig sei, wenn entsprechende Beschwerden vorhanden seien, wie z.B. eine Hyperkeratose. Daneben kämen überwiegend Diabetiker und Patienten, die mit Marcumar oder anderen blutverdünnenden Medikamenten behandelt würden. Es handele sich letztlich dabei also um sogenannte Risikopatienten. Ärztliche Verordnungen fänden überwiegend nicht statt, weil dies von den Ärzten in dieser Form nicht vorgenommen werden könne. Im Ergebnis käme also lediglich ein geringer Teil von Patienten auf Grund einer ärztlichen Verordnung zur Behandlung bei der Klägerin. Im Verlauf des Klageverfahrens hat sich die Klägerin damit einverstanden erklärt, dass 8 % der Umsätze als steuerpflichtig behandelt werden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 08.07.2013 und des Umsatzsteueränderungsbescheides 2007 vom 15.11.2012, die Umsatzsteuer auf 0 € herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
Das Gericht hat der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2013 aufgegeben, für einen Zeitraum von insgesamt drei Monaten (Januar - März 2007) dem Gericht eine Aufstellung zukommen zu lassen, welche Patienten mit welchen Diagnosen behandelt worden seien. Daneben sei die Behandlungsart und die Abrechnung darzustellen. Außerdem sei darzustellen, in welchen Fällen eine ärztliche Verordnung vorgelegen habe und in welchen Fällen dies nicht der Fall gewesen sei. Die Klägerin hat diese Unterlagen als Anlage zu e...