vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Vermietung an Prostituierte
Leitsatz (redaktionell)
- Überlässt ein Stpfl. Wohnungen entweder direkt oder durch Zwischenschaltung von Mittelsmännern Frauen, damit diese in den Wohnungen der Prostitution nachgehen können, so werden gewerbliche Einkünfte erzielt.
- Holt der Stpfl. die Tageseinnahmen täglich oder doch mehrmals in der Woche von den Frauen ab, ist es nicht erforderlich, dass weitere Tätigkeiten wie z. B. der Ausschank von Getränken hinzutreten müssen, um zu einer gewerblichen Tätigkeit zu gelangen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2
Streitjahr(e)
1998, 1999, 2000, 2001, 2003
Tatbestand
Streitig ist, ob und in welcher Höhe der Kläger (gewerbliche) Einkünfte aus der Vermietung sogenannter „Modellwohnungen” an Prostituierte erzielt hat. Der Kläger war Eigentümer der Grundstücke K-Str. 1, K-Str. 2, G-Str. und W-Str. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung übertrug er im Jahr 1996 die Grundstücke an L, die bis Oktober 1997 seine Lebensgefährtin war. Mit notarieller Beurkundung erteilte L dem Kläger 1996 Generalvollmacht, so dass dieser uneingeschränkt über den Grundbesitz verfügen konnte. Die Kaufpreise finanzierte L vollständig über Darlehen, wobei der Kläger die Modalitäten der Darlehensverträge regelte. Die Gebäude waren in den Streitjahren wie folgt genutzt:
K-Str. 1 |
6 Wohneinheiten, 1 Gewerbeeinheit |
K-Str. 2 |
5 Wohneinheiten, 2 Gewerbeeinheiten |
W-Str. |
10 Wohneinheiten, 1 Gewerbeeinheit |
G-Str. |
4 Wohneinheiten |
Die Mutter des Klägers ist Eigentümerin des u.a. mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der H-Str., das in der Zeit von Juli 2000 bis Juni 2004 mit einem Nießbrauchsrecht zu Gunsten des Klägers belastet war. Im Jahr 2004 nahmen der Kläger und seine Mutter ein Darlehen zum Ausbau des Dachgeschosses in eine weitere Wohnung auf. In den Streitjahren waren eine Wohnung im Erdgeschoss und zwei Wohnungen im Obergeschoss nutzbar.
Soweit die Wohnungen keine „Modellwohnungen” und wie die Gewerbeeinheiten langfristig vermietet waren, zahlten die Mieter in der Regel durch Überweisung und die Einnahmen wurden den jeweiligen Hauskonten bei der Sparkasse bzw. der Landesbank gutgeschrieben. Von diesen Konten wurden ebenfalls die Darlehenszinsen bezahlt. Kontoinhaberin in allen Fällen war die Mutter des Klägers, er selbst war über die Konten verfügungsberechtigt. In den Jahren 1999 bis 2003 hob er von den Konten bei der Landesbank mehrfach größere Geldbeträge ab und zahlte einen Teil der abgehobenen Beträge bei der Sparkasse auf ein ebenfalls auf den Namen seiner Mutter lautendes Konto ein.
In den Jahren 1998 bis 2005 überprüfte die Polizei regelmäßig die als „Modellwohnungen” bekannten Wohnungen in den Häusern der fünf Grundstücke, ebenso fanden mehrfach Wohnungsdurchsuchungen statt. In den überprüften Wohnungen wurden nie die auf den Türschildern als Bewohner angegebenen Personen, sondern osteuropäische Frauen angetroffen, die dort in nahezu allen Fällen der Prostitution nachgingen. Im Einzelnen wurden folgende Wohnungen überprüft und durchsucht:
K-Str. 1 |
1 Wohnung: Klingelschild … |
K-Str. 2 |
4 Wohnungen: Klingelschilder … |
W-Str. |
5 Wohnungen: Klingelschilder … |
G-Str. |
4 Wohnungen: Klingelschilder … |
H-Str. |
3 Wohnungen: Klingelschilder … |
Die Wohnungen waren je nach Anzahl der dort vorhandenen Zimmer von einer, zwei oder drei Frauen belegt und die Zimmer nur äußerst spärlich mit Bett oder Couch und Kleiderschrank, nach Beschreibung der durchsuchenden Polizeibeamten „milieutypisch” eingerichtet. Die Frauen räumten in den zumeist im Beisein von amtlichen Dolmetschern durchgeführten Vernehmungen die Ausübung der Prostitution in den Wohnungen ein und gaben nahezu übereinstimmend zu Protokoll, dass sie pro Frau eine Tagesmiete in Höhe von 100 DM bzw. 50 EUR (ab 2002) zahlen müssten und der Sonntag in der Regel mietfrei sei. Auch teilten sie mehrheitlich mit, dass die Miete meistens vom Kläger persönlich oder dessen Freundin abgeholt worden sei. Wenn Zahlungen an einen Zwischenmieter erfolgt seien, sei ein Betrag in Höhe von 50 EUR der abzuliefernden Tagessumme, die regelmäßig 100 EUR bis 150 EUR betrug, der Anteil des Klägers für die Miete gewesen. Im Jahr 2005 ermittelte die Steuerfahndung des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) und vernahm im Rahmen der Ermittlungen weitere 17 Prostituierte, die ebenso angaben, dass der Kläger 50 EUR Miete pro Tag verlange und der Sonntag mietfrei sei. Die Miete werde bar bezahlt, es gäbe keinen Mietvertrag und Quittungen erteile der Kläger auch nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Tätigkeitsberichte der Polizei … sowie die in den Jahren 2000, 2002, 2003 und 2005 protokollierten Aussagen der in den Wohnungen angetroffenen Frauen Bezug genommen. Bei einer im Jahr 2002 durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Klägers stellte die Polizei zudem Anzeigenaufträge sicher, in denen Frauen zu Prostitutionsleistungen angeboten wurden.
Im Jahr 2...