rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auftragsbestand, faktische Liefermöglichkeit und Kundenstamm in der DM-Eröffnungsbilanz
Leitsatz (redaktionell)
- Ein sog. Auftragsbestand ist kein selbstständiges immaterielles Wirtschaftgut i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DMBilG.
- Die faktisch bestehende Liefermöglichkeit ist Teil des Geschäfts- oder Firmenwertes und daher gem. § 50 Abs. 2 Satz 2 DMBilG in der Steuerbilanz nicht anzusetzen.
- Der Kundenstamm ist i.d.R. ein geschäftswertbildender Faktor.
Normenkette
DMBilG § 1 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 50 Abs. 2 S. 2
Streitjahr(e)
1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ein immaterielles Wirtschaftsgut in der DM-Eröffnungsbilanz auf den 01.07.1990 aktivieren und in der Folgezeit abschreiben durfte.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolger der zum 1. Juli 1990 durch Umwandlung des VEB Mineralstoff-Mischwerk A und der hieraus aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des Treuhandgesetzes (§ 11 Abs. 1 Treuhandgesetz) entstandenen Spezialfutter A GmbH. Mit Gesellschafterbeschluss vom 4. Oktober 1993 erfolgte eine Umfirmierung in S GmbH, die am 24. Februar 1994 in das Handelsregister eingetragen wurde. Durch Verschmelzungsvertrag vom 24. Februar 1999 wurde die Gesellschaft mit Wirkung zum 1. Juli 1998 auf die Klägerin verschmolzen. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 15. März 1999.
Bei der ehemaligen S GmbH handelte es sich um ein Unternehmen, das seinen Sitz am 1. Juli 1990 als volkseigener Betrieb in der früheren Deutschen Demokratischen Republik hatte. Bis zum 30. Juli 1990 wickelte die Gesellschaft als VEB ihren gesamten Absatz über den VEB AB auf der Grundlage ihr von dort erteilter Vorgaben ab. Beliefert wurden nahezu ausschließlich ihr zugewiesene Kraftfutterwerke und Handelsorganisationen. Sämtliche Fakturierungen erfolgten planmäßig zweimal wöchentlich an den VEB AB. Zum 30. Juni 1990 wurde der VEB AB aufgelöst. Wegen der seit Frühjahr 1990 absehbaren Auflösung bemühte sich die S GmbH ab Mai 1990 um den Aufbau eines eigenen Vertriebssystems durch Einstellung eines Vertriebsleiters.
Aufgrund der Verpflichtung nach dem DM-Bilanzgesetz erstellte die Gesellschaft auf den 1. Juli 1990 eine handels- und steuerrechtliche Eröffnungsbilanz. In dieser Eröffnungsbilanz aktivierte sie den Wert der Lieferbeziehungen als immaterielles Wirtschaftsgut in Höhe von 1.992.200 DM. Wegen der Ermittlung des Vermögenswertes wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 28. Februar 1997 (Tz. 15, Bl. 8 der Bp-Akte) Bezug genommen. In der Folgezeit schrieb die Gesellschaft das immaterielle Wirtschaftsgut in Höhe von 132.814 DM jährlich ab.
Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte den Bilanzposten sowie die geltend gemachten Abschreibungen nicht an, da es sich nach seiner Ansicht bei dem als Auftragswert bezeichneten Wirtschaftsgut um einen Teil des Geschäfts- und Firmenwerts handelte. Der Beklagte erließ entsprechend der getroffenen Feststellungen Bescheide über Körperschaftsteuer sowie die Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG für 1991 bis 1993 und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 30. Juni 1991 bis 1993 jeweils vom 3. September 1997 sowie Bescheide über Körperschaftsteuer für 1994, 1996 und 1997, die Feststellung nach § 47 Abs. 2 KStG für 1994, 1996 und 1997 sowie über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 30. Juni 1994 bis 1997 jeweils vom 24. April 1998. Die Einsprüche gegen die geänderten Bescheide wies er durch Entscheidung vom 06.12.1999 als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aktivierung des immateriellen Wirtschaftsguts sowie die Berücksichtigung der in ihren Bilanzen berücksichtigten Abschreibungen. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, die Ansicht des Finanzamtes, dass die von der Gesellschaft wahrgenommenen Belieferungsmöglichkeiten mangels Abgrenzbarkeit keinen für einen Erwerber hinreichend greifbaren Wert aufwiesen, sei unzutreffend. Da zum 1. Juli 1990 absehbar die bisherigen Abnehmer der Firma S auch weiterhin übergangsweise auf bewährte Lieferstrukturen hätten zurückgreifen müssen, wäre bei einem marktwirtschaftlichen Unternehmenserwerb hierfür auch ein besonderes, im Firmenwert nicht enthaltenes Entgelt zu entrichten gewesen. Dieser Wert könne auch nicht – wie das Finanzamt gemeint habe – nicht ins Gewicht fallend oder kaum werthaltig bzw. nicht greifbar genannt werden. Nachweislich seien vor allem im zweiten Kalenderhalbjahr 1990 hieraus resultierende besondere Gewinne in nicht unerheblicher Größenordnung erzielt worden.
Die besondere Greifbarkeit ergebe sich daraus, dass es sich um einen zeitlich und sachlich abgrenzbaren Quasiauftragsbestand gehandelt habe. Andere Einfluss- und Begründungsfaktoren für Übergewinne nach dem Systemübergang als ein festes übergegangenes Absatz- und Angebotssystem ließen sich nämlich nicht finden.
Darüber hinaus handele es sich auch n...