Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollunentgeltlichkeit einer zu Wohnzwecken überlassenen Wohnung i.S.d. § 10h EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Das Tatbestandsmerkmal der Vollunentgeltlichkeit setzt voraus, dass die Berechtigung des Nutzungsberechtigten vom Stpfl. abgeleitet wird. Außerdem darf keinerlei Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung erbracht werden.
- Bestellt ein Stpfl. seiner Mutter einen Altenteil (Wohnrecht) an einer im Obergeschoss einer Hofstelle belegenen Wohnung, nutzt er die zum Altenteil gehörigen Räumlichkeiten aber anschließend selbst und überlässt seiner Mutter unentgeltlich eine andere, nach Einräumung des Altenteils fertiggestellte Wohnung, so liegt keine vollunentgeltliche Wohnungsüberlassung vor. Vielmehr ist eine wechselseitige Nutzungsüberlassung, d.h. ein tauschähnliches Verhältnis, gegeben.
Normenkette
EStG § 10h Abs. S. 2 Nr. 4
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 10 h Einkommensteuergesetz (EStG).
Der Kläger ist Hoferbe nach der Höfeordnung (HöfeO) seines am 18.01.1978 verstorbenen Vaters. Nach Vollendung seines 25. Lebensjahres übernahm der Kläger den Hof, dessen Verwaltung und Nutznießung bis zu diesem Zeitpunkt seiner Mutter oblag (§ 14 Abs. 1 HöfeO), und bestellte seiner Mutter ein Altenteil. Dieses Altenteil bestand u.a. aus einem im Grundbuch eingetragenen lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnrecht an der im Obergeschoss der Hofstelle belegenen Wohnung, bestehend aus drei Räumen nebst Küche, Bad und Nebengelass, sowie Mitbenutzung aller Belegenheiten, die gemeinsam benutzt zu werden pflegen, insbesondere des Kellers, des Bodens und der Waschküche. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bestellungsurkunde UR … des Notars …, …, Bezug genommen.
In den Jahren 1994/95 baute der Kläger – gemäß den baurechtlichen Bestimmungen - die Bodenräume der Hofstelle zu einer Wohnung (122qm) aus. Die am 30.09.1995 fertiggestellte Wohnung überließ der Kläger anschließend seiner Mutter zu Wohnzwecken. Die von der Mutter geräumten zum Altenteil gehörigen Räumlichkeiten wurden sodann ausschließlich vom Kläger, seiner Ehefrau und Kindern genutzt. Eine Umschreibung des Altenteils erfolgte nicht. Miete oder Nutzungsentschädigung in bar wurde weder von der Mutter noch vom Kläger gezahlt.
Für die Jahre 1995 und 1996 wurde dem Kläger für die neu errichtete und von seiner Mutter bewohnte Wohnung die Steuerbegünstigung nach § 10 h EStG in Höhe von jeweils 18.974 DM (6% der Herstellungskosten von 316.230 DM) gewährt. Für das Jahr 1997 wurde dem Kläger die Steuerbegünstigung versagt.
Dagegen richtet sich nach erfolglos gebliebenen Vorverfahren die Klage. Die Steuerbegünstigung des § 10 h EStG sei zu gewähren, weil die Mutter des Klägers das Recht zur Nutzung der neuen Wohnung nicht aus ihrem Altenteilsrecht, sondern unmittelbar vom Kläger als Eigentümer der Wohnung ableite. Die Wohnung sei der Mutter auch voll unentgeltlich überlassen worden. Der Verzicht der Mutter auf die Nutzung der zum Altenteil gehörenden Räumlichkeiten führe zu keiner anderen Beurteilung. Die Bestellung des Altenteils sei unentgeltlich erfolgt. Folglich könne der Verzicht auf die Nutzung dieser Räumlichkeiten nicht zu einer entgeltlichen Nutzung der neu errichteten Wohnung führen.
Der Kläger beantragt,
den Einspruchsbescheid vom 17.08.2000 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 01.05.2000 dahingehend zu ändern, dass unter Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 10 h EStG in Höhe von 18.974 DM die Einkommensteuer 1997 anderweitig festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Steuerbegünstigung könne nicht gewährt werden, weil die neue Wohnung der Mutter nicht voll unentgeltlich überlassen worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Steuerbegünstigung nach § 10 h EStG versagt.
Nach § 10 h Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige von den Aufwendungen, die ihm durch Baumaßnahmen zur Herstellung einer Wohnung entstanden sind, im Jahr der Fertigstellung und in den drei folgenden Jahren jeweils bis zu 6 vom Hundert, höchstens jeweils 19.800 DM, und in den darauffolgenden Jahren jeweils bis zu 5 vom Hundert, höchstens jeweils 16.500 DM, wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung ist u.a. nach Nr. 4 der Vorschrift, dass der Steuerpflichtige die Wohnung insgesamt im jeweiligen Jahr des Zeitraums nach Satz 1 voll unentgeltlich an einen Angehörigen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung auf Dauer zu Wohnzwecken überlassen hat. Das Tatbestandsmerkmal der vollen Unentgeltlichkeit setzt voraus, dass die Berechtigung des Nutzungsberechtigten vom Steuerpflichtigen abgeleitet wird (vgl. BFH-Urteile vom 14.10.1998 X R 130/96 - BFH/NV 1999, 606 - und X R 56/96 – BFH/NV 1999, 550). Außerdem darf keinerlei Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung – auch nicht teilweise – erbracht werden. Dabei ist zu beachten, dass mögliche Gegenleistungen nicht nur Geldleistungen sind, sondern auch in Sach- und Dienstleistungen od...