rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Übernahme einer konkursreifen GmbH
Leitsatz (redaktionell)
- Der Erwerb einer mit erheblichen Verbindlichkeiten belasteten Gesellschaft kann eine verdeckte Gewinnausschüttung sein, wenn den Gesellschaftern erst hierdurch wirtschaftlich ermöglicht wird, realisierbare Forderungen unter Preis zu erwerben.
- Eine verdeckte Gewinnausschüttung gegenüber einem Aktionär kann auch dann eintreten, wenn dieser nicht Mehrheitsaktionär ist. Die für die Annahme von verdeckte Gewinnausschüttungen geltenden Grundsätze für Gesellschaften mit beschränkter Haftung können auf Aktiengesellschaften übertragen werden.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
1988
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 22.07.2004; Aktenzeichen I B 159/03) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der zeitgleiche Erwerb sämtlicher Anteile an der inländischen L-GmbH durch die A-AG und eigenkapitalersetzender Darlehen, dessen Schuldnerin die L-GmbH war, durch zwei Aktionäre der AG in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert des Darlehens und dem Kaufpreis eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) darstellt.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-AG, deren Haupttätigkeit seit dem 1. Februar 1989 derjenigen einer Konzern-Holding entspricht. Die Geschäftsbetriebe werden von den Tochtergesellschaften durchgeführt. An der AG sind im Streitjahr 1988 die Herren H mit 10 v.H. und A mit 10,62 v.H. beteiligt. Ferner hält die H-GmbH, an der die vorgenannten Aktionäre zu jeweils 50 v.H. beteiligt sind, weitere 25 v.H. des Aktienkapitals. Die verbleibenden Anteile gehörten jeweils den Kindern der beteiligten Hauptaktionäre, und zwar AH, CH, BH, EH und KH zu jeweils 5,5 v.H. sowie HA (8,12 v.H.) MA und MIA (jeweils 8,13 v.H.) und SA (zu 2,5 v.H.). Gemäß der Satzung der AG besteht der Vorstand aus mindestens zwei Personen, wobei die Zahl der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat bestimmt wird. Der Aufsichtsrat kann einen Vorsitzenden des Vorstands sowie einen stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes benennen. Vorstandsmitglieder waren im Streitjahr Herr P B, B K und J W. Der Aufsichtsrat besteht aus sechs Mitgliedern (A als Vorsitzender, H als stellvertretender Vorsitzender sowie A L, J W, CH, H K), wovon vier Mitglieder von den Aktionären und zwei Mitglieder von den Arbeitnehmern bestimmt werden.
Mit Vertrag vom 31.03.1988 erwarb die AG von der O-Ltd. mit Sitz in London sämtliche Anteile an der L-GmbH im Nennwert von 500.000 DM zu einem Kaufpreis von 125.000 DM. Im Jahr 1987 unterhielt die L-GmbH keinen aktiven Geschäftsbetrieb. In der Bilanz zum 31.12.1987 wies sie Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der O-Ltd. i.H.v. von 4.500.000 DM sowie ein Verlustvortrag von 8.322.817 DM aus. Am 18.03.1988 verzichtete die O-Ltd. auf einen Teil ihrer Forderungen i.H.v. 2.500.000 DM. Die Restforderung im Nominalbetrag von 2.000.000 DM trat sie am Tag der Anteilsübertragung für einen Kaufpreis von je 10.000 DM je zu 50 v.H. an die Aktionäre H und A ab. Die Herren H und A wurden bei dem Vertragsabschluss von dem Vorstandsmitglied der AG, Herrn P B, vertreten. Die übertragenen Forderungen sind unverzinslich, zur Vermeidung einer Konkursantragspflicht mit einem Rangrücktritt versehen und nur aus künftigen Überschüssen der L-GmbH zu begleichen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge (Bl. 41 ff. FGA) Bezug genommen.
Gemäß § 9 der Satzung der AG bedarf der Vorstand zur Übernahme von Beteiligungen an anderen Unternehmen oder zur Errichtung oder zum Erwerb anderer Unternehmen der Zustimmung des Aufsichtsrates. In der Sitzung des Aufsichtsrates vom 18.03.1988 wird die Zustimmung zum Erwerb der Anteile an der L-GmbH erteilt. Ferner wird darauf hingewiesen, dass gegenüber der Muttergesellschaft eine Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 4,5 Mio. DM besteht.
Im Mai 1988 nahm die L-GmbH ihre aktive Geschäftstätigkeit wieder auf. Sie importierte ausländische Textilhandelswaren für die A-GmbH, einem Tochterunternehmen der AG, und exportierte Produktionsmaschinen. Die von den Aktionären übernommenen Darlehensverbindlichkeiten tilgte die L-GmbH bis Ende September 1989 mit insgesamt 976.000 DM. Wegen der Kapitalausstattung, der Aufnahme der aktiven Geschäftstätigkeit und der Möglichkeit der Verlustverrechnung wird auf das Urteil des Senats (VI 364/95) vom 27.07.1999, das den Beteiligten (AG als Muttergesellschaft und FA) bekannt ist, verwiesen.
Nach Durchführung einer Außenprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, die Übernahme der Forderungen gegen die L-GmbH durch die Herren A und H in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Nennwert der Forderungen von 2.000.000 DM und deren Kaufpreis von 20.000 DM sei als verdeckte Gewinnausschüttungen der AG an diese Anteilseigner zu behandeln. Der Beklagte erhöhte das Einkommen der AG entsprechend. Mit Körperschaftsteuerbescheid für 1988 vom 30.08.1995 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für 1988 auf 2.967.641 DM fest. Dabei stellte er di...