Entscheidungsstichwort (Thema)

1%-Methode im Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab für die Aufteilung der privaten und unternehmerischen Nutzung eines Fahrzeugs

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung kann im Einzelfall nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen sein, dass betriebliche Kfz auch privat genutzt werden. Das gilt auch dann, wenn die private Nutzung arbeitsvertraglich untersagt ist, das Verbot aber weder durch die Führung von Fahrtenbüchern noch anderweitig vom Arbeitgeber überwacht wird.
  2. Bei der Nutzungsüberlassung von Firmenfahrzeugen zu privaten Zwecken handelt es sich um tauschähnliche Umsätze i.S. von § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG. Bemessungsgrundlage dieser Umsätze ist der Wert der nicht durch den Lohn abgegoltenen Arbeitsleistung der Arbeitnehmer. Dieser Wert kann anhand der Gesamtkosten des Arbeitgebers für die Überlassung der Fahrzeuge geschätzt werden.
  3. Der Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (sog. 1%-Regelung) ist für das Umsatzsteuerrecht grds. kein geeigneter Maßstab, die Kosten auf die Privatfahrten und die unternehmerischen Fahrten aufzuteilen. Denn der Entnahmewert geht vom Listenpreis des Fahrzeugs aus und berücksichtigt weder die tatsächlich auf den Betrieb des Fahrzeugs entfallenden Kosten noch die konkreten Nutzungsverhältnisse im Einzelfall.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 12 S. 2, § 10 Abs. 2 S. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998, 1999

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob in den Streitjahren eine Überlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen durch die Klägerin an ihre Arbeitnehmer zu deren privater Mitbenutzung vorgelegen hat.

Die Klägerin betrieb mehrere Spielhallen und stellte in verschiedenen Gaststätten Automaten auf. Zwei ihrer Arbeitnehmer, der Geschäftsführer und der Zeuge X , übten die technische Wartung dieser Automaten aus und suchten die zum Teil außerhalb liegenden Gaststätten auf. Hierzu nutzten sie jeweils ein der Klägerin gehörendes Kraftfahrzeug. Die Arbeitnehmer unterhielten je ein privates Kraftfahrzeug. Der Klägerin entstanden Kraftfahrzeug-Aufwendungen einschließlich der Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von

58.071 DM

1996,

63.712 DM

1997,

47.917 DM

1998 und

34.074 DM

1999.

Im Rahmen einer von dem Beklagten durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung konnte die Klägerin ihre Behauptung, eine private Nutzung der Kraftfahrzeuge sei untersagt worden, nicht nachweisen. Deshalb ging der Beklagte davon aus, dass die Arbeitnehmer die Fahrzeuge der Klägerin nicht nur ausschließlich für betriebliche Zwecke nutzten. Die Bemessungsgrundlage für den deshalb angenommenen geldwerten Vorteil wurde für Lohnsteuerzwecke nach den Grundsätzen der Ein-Prozent-Methode ermittelt. Hiernach ergab sich ein geldwerter Vorteil von

16.142 DM

1996,

16.539 DM

1997,

16.431 DM

1998 und

18.435 DM

1999.

Für Zwecke der Umsatzsteuerfestsetzung unterwarf der Beklagte den geldwerten Vorteil der privaten Kraftfahrzeugnutzung der Umsatzsteuer in gleicher Höhe und erließ dementsprechend nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1999.

Die gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einsprüche wies der Beklagte als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor, ihre Arbeitnehmer hätten die Kraftfahrzeuge nicht privat genutzt. Zwar sei kein Fahrtenbuch geführt worden. Das Verbot der privaten Nutzung sei aber jedem Mitarbeiter bekannt gewesen, da auf diese Regelung hingewiesen worden sei. Der Hinweis sei mündlich und schriftlich erfolgt. Die entsprechenden schriftlichen Hinweise könnten allerdings aufgrund des Zeitablaufes heute nicht mehr vorgelegt werden. Das Verbot der privaten Mitbenutzung sei jedoch mündlich regelmäßig erneuert worden.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 25 März 2003 und die Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer vom 08. März 2000 (1996 bis 1998) bzw. 05. November 2001 (1999) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Hinweis der Klägerin, sie habe ihren Arbeitnehmern die private Nutzung eines Firmenfahrzeugs untersagt, sei allein nicht ausreichend. Die Einhaltung dieses Verbotes müsse auch überwacht werden. Das Nutzungsverbot und seine Überwachung durch den Arbeitgeber müssten als Beleg zum Lohnkonto genommen werden. Dies sei im Streitfall nicht geschehen. Aus diesen Gründen rechtfertige sich die Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach der Ein-Prozent-Methode.

Der Senat hat durch Vernehmung des Zeugen X Beweis erhoben zu der Frage, ob die Kraftfahrzeuge der Klägerin ausschließlich betrieblich genutzt wurden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19. Mai 2005 (Bl. 53 ff. d. A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Beklagte hat zu Recht Umsatzsteuer für einen Privatnutzungsanteil im Zusammenhang mit der Überlassung der Kraftfahrzeuge an die Arbeitnehmer erhoben. Allerdings war die Beme...

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