Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung des Finanzamts mit auf das Land übergegangenen Unterhaltsansprüchen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Aufrechung des Finanzamts mit nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) auf das Land übergegangenen Unterhaltsansprüchen ist ausgeschlossen, wenn die Aufrechnung im Ergebnis zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder geht (§ 7 Abs. 3 Satz 2 UVG).
Normenkette
AO 1977 § 226; BGB § 387; UVG § 7 Abs. 1, 3 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids im Hinblick auf eine vom Beklagten (dem Finanzamt – FA–) erklärte Aufrechnung.
Der Kläger ist der Vater von drei derzeit in ...[EU-Ausland] lebenden Kindern (A, B und C). Gemäß ”Urkunden über die Verpflichtung zum Unterhalt“ der Stadt X – Jugendamt – verpflichtete sich der Kläger zur Unterhaltszahlung in der dort jeweils genannten Höhe gegenüber seinen Kindern. Die Stadt X erteilte zugunsten der Kinder bzw. deren gesetzlichen Vertreters vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunden.
In der Folgezeit zahlte der Kläger den Unterhalt nicht. Das Land Niedersachsen, vertreten durch die Stadt X, erbrachte daher Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Die von der Stadt X erbrachten Unterhaltsleistungen, wurden – jedenfalls zu weiten Teilen – nicht vom Kläger an die Stadt zurückgezahlt. Zugunsten der Stadt X bzw. der Beigeladenen, welche ab dem…die Aufgaben als Träger der Jugendhilfe von der Stadt X übernahm, wurden vollstreckbare Teilausfertigungen der besagten Urkunden in Höhe von…ausgestellt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beigeladenen sind die genannten Beträge weiterhin offen.
Die Beigeladene forderte den Kläger unter dem 3. April 2018 auf, den rückständigen Gesamtbetrag von…€ zu zahlen. Mit Schreiben vom 13. April 2018 teilte die Beigeladene dem FA mit, für die Kinder des Klägers seien Leistungen nach dem UVG erbracht worden, was zum Übergang der Unterhaltsansprüche auf das Land Niedersachsen, vertreten durch die Beigeladene, geführt habe. Dieser Anspruch sei aufrechenbar mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis.
Aus einer am 4. Februar 2019 beim FA eingegangenen Abtretungsanzeige war ersichtlich, dass der Kläger seinen Erstattungsanspruch aus der Einkommensteuerveranlagung 2018 an Frau M, die Kindsmutter, in voller Höhe abgetreten habe. Als Grund der Abtretung war genannt ”Unterhaltsschulden/ Zahlungen für die Kinder“.
Der Kläger wurde mit Bescheid vom 13. Mai 2019 zur Einkommensteuer 2018 veranlagt. Darin wurde die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt; aufgrund einbehaltener Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag ergab sich ein Erstattungsbetrag von 459,90 €, für welchen der Kläger eine besondere Mitteilung erhalten sollte. Zu diesem Zeitpunkt hätten nach telefonischer Auskunft der Beigeladenen Rückstände aus Unterhaltsforderungen von mehr als…€ bestanden. Am 14. Mai 2019 teilte das FA dem Kläger daher mit, das Guthaben aus dem Steuerbescheid werde aufgrund des Aufrechnungsersuchens vom 13. April 2018 an die Beigeladene ausgekehrt.
Mit gesonderten Schreiben vom 21. Mai 2019 widersprachen sowohl der Kläger als auch Frau M der Auszahlung des Guthabens an die Beigeladene, insbesondere aufgrund der erklärten Abtretung. Darauf erklärte das FA gegenüber der Frau M unter dem 7. Juni 2019 die Aufrechnung unter Hinweis auf § 406 BGB, da die Forderungen des Landes bereits vor Fälligkeit des Guthabens aus dem Einkommensteuerbescheid fällig gewesen seien. Zudem erteilte das FA ebenfalls mit Datum vom 7. Juni 2019 einen Abrechnungsbescheid, in welchem es feststellte, dass die an Frau M übergangenen Ansprüche aufgrund der erklärten Aufrechnung erloschen seien und erläuterte und bejahte im Einzelnen die Voraussetzungen der Aufrechnung. Der Kläger erhielt eine Abschrift von Aufrechnungserklärung und Abrechnungsbescheid.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Einspruch vom 15. Juni 2019, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2019 als unbegründet zurückwies. Zwar könne der Kläger durch seine Rechtsbeziehungen zur Zessionarin, welche durch den Abrechnungsbescheid berührt würden, eine Beschwer geltend machen. Jedoch sei der Einspruch unbegründet, insbesondere, da der Einkommensteuererstattungsanspruch keinen Aufrechnungs- oder Pfändungsbeschränkungen unterliege. Auch wenn dieser auf einbehaltener Lohnsteuer beruhe, handele es sich weiterhin um einen Steuererstattungsanspruch, welcher nicht nachträglich in Arbeitslohn umqualifiziert werde. Ferner sei unerheblich, ob die Aufrechnung im Ergebnis dazu führe, dass die Leistungen des Klägers nach dem SGB II anderweitig zu bemessen seien.
Hiergegen richtet sich die Klage. Diese erhob der Kläger mit Computerfax vom 11. November 2019. Dabei gab der Kläger im Briefkopf seinen Namen und seine Adresse an. Der Schriftsatz endete mit einer Unterschrift, welche als Faksimile in den Schriftsatz eingefügt wurde. Diese entspricht – wie aus späteren Schriftsätzen ersichtlich – der Unterschrift des Klägers.
Die Forderung der Beigeladenen seien verwirkt...