Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein arbeitsloses behindertes Kind
Leitsatz (redaktionell)
Ein volljähriges behindertes Kind, das nach Abschluss der Berufsausbildung arbeitslos wird, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und Arbeitslosenhilfe bezieht, kann dennoch behinderungsbedingt außer Stande sein, sich selbst zu unterhalten. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn das Kind den schwersten Grad der Behinderung aufweist, den das Schwerbehindertengesetz vorsieht und im Schwerbehindertenausweis zudem noch die Merkmale aG (außergewöhnlich gehbehindert), H (Hilflos) und B (ständige Begleitung notwendig) eingetragen sind und das Kind außerdem ständig auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3
Streitjahr(e)
2000, 2001
Nachgehend
Tatbestand
Der am .....1978 geborene Sohn S. des Klägers ist seit 1982 aufgrund einer Muskelerkrankung behindert. Der Grad der Behinderung beträgt 100%; in seinem Schwerbehindertenausweis sind u.a. die Merkmale G, aG und H eingetragen. Er ist auf einen Rollstuhl angewiesen und bedarf ständiger Begleitung. Nach seiner Berufsausbildung hat er die Fachoberschule für Verwaltung und Rechtspflege in B. besucht. Er hat die Fachhochschulreife durch Abschlusszeugnis vom 05.07.2000 erlangt (Durchschnittsnote 2,5). Seit diesem Zeitpunkt ist S. arbeitslos gemeldet. Der Bekl. hob die Kindergeldfestsetzung für S. ab August 2000 auf. Am 16.05.2001 beantragte der Kläger erneut Kindergeld für seinen Sohn. Zur Begründung trug er vor, dass es aufgrund der Schwerstbehinderung von S. schwierig sei, einen Arbeitsplatz zu finden. Von der gezahlten Arbeitslosenhilfe in Höhe von jährlich 8.000 DM könne sich sein Sohn nicht allein unterhalten, da auch die behinderungsbedingten Kosten hoch seien. Mit Bescheid vom 21.05.2001 lehnte der Bekl. die Weitergewährung von Kindergeld mit dem Hinweis ab, dass S. der Arbeitsvermittlung für eine Vermittlung in Arbeit zur Verfügung stehe. Die Behinderung sei daher nicht ursächlich dafür, dass er sich nicht selbst unterhalten könne.
Dem trat der Kläger mit seinem Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid entgegen. Er trug vor, dass S. zwar der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe, für die Arbeitslosigkeit jedoch seine Schwerstbehinderung alleinige Ursache sei. Bei seinen vielen Bewerbungen um eine Stelle im öffentlichen Dienst als Verwaltungsangestellter habe S. immer wieder feststellen müssen, dass er nur wegen seiner Schwerstbehinderung nicht eingestellt wurde. Keine Behörde sei bereit, behindertengerechte Umbauten vorzunehmen, die nötig seien, um S. ein selbstständiges Arbeiten zu ermöglichen. Er habe erfahren müssen, dass nichtbehinderte Bewerber von Behörden eingestellt worden seien, obwohl diese keine besseren Abschlussnoten als er vorzuweisen gehabt hätten. Ein von S. geplantes Studium an der Fachhochschule - Sozialwesen - könne er aufgrund seiner Behinderung nicht aufnehmen, da Unterrichtsräume mit dem Rollstuhl nicht zu erreichen seien. Dies alles belege, dass die Behinderung ursächlich dafür sei, dass er sich nicht selbst unterhalten könne. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er blieb bei seiner Auffassung, dass S. nicht aufgrund seiner Behinderung außerstande sei, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und somit seinen Lebensunterhalt durch Erwerbseinkommen sicherzustellen. Ursächlich für das derzeitige Fehlen von Erwerbseinkommen sei ein Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Ergänzend trägt er Folgendes vor: Sein Sohn S. sei während seiner Ausbildung bei der Technischen Universität in B. auf drei Schwerbehindertenplätze angerechnet worden. Dies sei nur möglich gewesen, weil das Arbeitsamt der Dreifachanrechnung gemäß § 10 Abs. 2 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) zugestimmt habe. Diese Anrechnung lasse das Arbeitsamt aber nur zu, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stoße. Dem Beklagten sei also sehr wohl bewusst, dass S. Behinderung wegen der Art und Schwere ursächlich für besondere Schwierigkeiten sei. Wenn das für eine berufliche Ausbildungsstelle gelte, müsse Gleiches auch für einen Arbeitsplatz gelten. Demgemäß könne S. auch keine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes aufnehmen. Seine schwere Körperbehinderung wirke sich im Arbeitsleben besonders nachteilig aus und erschwere allein oder zusammen mit weiteren vermittlungshemmenden Umständen die Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Aufgrund seines Jahreseinkommens von ..... DM sei S. nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten. Dies führe dazu, dass ihm - dem Kläger - und seiner Frau ein zusätzlicher Aufwand erwachse, der nach der Intention des Gesetzgebers durch das Kinderge...