rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuer Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Auf Anfrage eines Beteiligten muss das Betriebsstätten-FA Auskunft geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die LSt anzuwenden sind.
- Der Anfragende (i.d.R. der ArbG) hat einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung der Auskunft über die Anwendung lohnsteuerrechtlicher Vorschriften.
- Trifft die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft keine Entscheidung über den materiellen Einkommensteueranspruch, bedarf es keiner umfassenden gerichtlichen Kontrolle, welche lohn- und einkommensteuerlichen Folgen der Sachverhalt tatsächlich zeitigen wird.
- Aufgrund des vorläufigen Charakters des LSt-Abzugsverfahrens ist nur zu untersuchen, ob das Betriebsstätten-FA mit seiner Mitteilung den Anforderungen an ein faires Verwaltungsverfahren genügt hat.
- Eine Auskunft, wonach eine Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG für Vorteilsgewährungen durch Konzerngesellschaften ausgeschlossen ist, entspricht der BFH-Rspr. und beinhaltet keine fehlerhafte Auskunft i. S. von 42e EStG.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 3, § 42e
Tatbestand
Die Y-KG ist alleinige Gesellschafterin der Klägerin, der X-Gesellschaft (im Folgenden: X), der X-GmbH, der Z-GmbH, der U-GmbH und der W-GmbH.
Die Klägerin betreibt einen Versand- und Filialhandel für .... Auch die X betreibt einen Versand- und Filialhandel für .... Beide Gesellschaften sind in unterschiedlichen Segmenten tätig und haben unterschiedliche Zielgruppen. Die Klägerin und die X sollen ihren Marktauftritt als selbständige, unabhängige Unternehmen behalten. Die Klägerin und die X sind reine Handelsunternehmen ohne eigene Produktion.
Die im Jahre … gegründete Z-GmbH hatte nach Aktenlage … Mitarbeiter, von denen … von der Klägerin und … von der X übernommen wurden. Bei der Klägerin waren nach Angaben der Klägerin ca. … Mitarbeiter beschäftigt, bei der X ca. … Mitarbeiter.
Auf die W-GmbH (ca. … Mitarbeiter) wurden nach den Angaben der Klägerin in der Lohnsteueranrufungsauskunft vom 12. März 2015 … Arbeitsverhältnisse überführt, davon … von der X und … von der Klägerin. Die W-GmbH, die im Jahr … gegründet wurde, erbringt zentral Dienstleistungen für sämtliche Konzerngesellschaften. Dies betrifft insbesondere die Bau- und Expansionsabteilung, die Personalabteilung, die Finanzbuchhaltung, IT-Dienstleistungen, Logistikdienstleistungen und Controlling.
Die Klägerin und die X unterstützen sich nach Angaben der Klägerin in der Logistik gegenseitig. Die Klägerin führt danach die Auslieferung der Versandware an Kunden der X durch, und Mitarbeiter der X beliefern auch Filialen der Klägerin. Der Internethandel der X wird von Mitarbeitern der Klägerin abgewickelt.
Die X und die Klägerin arbeiten - nach dem Antrag auf Anrufungsauskunft vom 12. März 2015 - zudem an gemeinsamen Filialkonzepten. Seit dem … ist eine Filiale in … eröffnet. Dabei liegen eine Filiale der Klägerin und eine Filiale der X … nebeneinander und sind so gestaltet, dass ein direkter Übergang von der einen Filiale in die andere Filiale möglich ist. Dadurch soll insbesondere eine Optimierung des Mitarbeitereinsatzes erreicht werden.
Die Mitarbeiter erhalten Rabatte für alle im Konzern vertriebenen Produkte in Höhe von 30 %. So können z.B. Mitarbeiter der Klägerin auch Produkte der X mit Rabatt erwerben. Gleiches gilt umgekehrt.
Das FA entschied über die von der Klägerin im Rahmen einer (ersten) Anrufungsauskunft mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 aufgeworfene Frage, ob auf Mitarbeiterrabatte, die Arbeitnehmern der Klägerin für den Erwerb von Waren der X gewährt werden, die Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden ist, mit Bescheid vom 10. Dezember 2012 abschlägig. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Die Klägerin vertrat gegenüber dem Beklagten in ihrem im Mai 2013 gestellten Antrag auf Anrufungsauskunft unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 2012 VI R 64/11 die Auffassung, dass Rabatte, die ihre Arbeitnehmer für Produkte der jeweiligen Schwestergesellschaften erhalten, keinen Arbeitslohn darstellten. Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von Dritten erhalten, begründeten nur dann Lohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellten und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden. Inhalt der Anrufungsauskunft war die Feststellung, ob die den Arbeitnehmern zufließenden Vorteile aus der Gewährung von Rabatten Arbeitslohn im Sinne von § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen.
Das FA erteilte mit Bescheid vom 21. Mai 2013 die Anrufungsauskunft. Dort führte es aus, die Klägerin müsse gemäß LStH R 8.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 die den Arbeitnehmern aufgrund eines Dienstverhältnisses zufließenden Sachbezüge dem Lohnsteuerabzug unterwerfen. Auf Sachbezüge, die der Arbeitnehmer nicht unmittelbar von seinem Arbeitsgeber erhalte, sei der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) grundsätzlich nicht anwendbar. Arbeitslohn sei...