Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldes für den Sohn Oliver von Januar bis Dezember 1997 (Einspruchsbescheid vom 18.05.1998)
Leitsatz (redaktionell)
Die Familienkasse kann die Festsetzung von Kindergeld nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nach Ablauf eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres ändern, wenn mit Ablauf des Kalenderjahres feststeht, daß die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 S. 2 – 7 EStG überschritten haben.
Ist der der Gewährung des Kindergeldes zugrundeliegende Kindergeldbescheid nach Ablauf des Kalenderjahres jedoch schoneinmal – aus welchen Gründen auch immer – geändert worden, kann er, um nunmehr für das abgelaufene Kalenderjahr auch noch die Folgerungen aus dem Überschreiten des Grenzbetrags zu ziehen, nur noch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 AO geändert werden, der Sachverhalt mithin insoweit erst nach Ergehen des letzten (Änderungs-)Bescheids bekanntgeworden ist.
Nachgehend
Tenor
Der Kindergeld-Änderungs- und -Rückforderungsbescheid vom 21.04.1998 und der Einspruchsbescheid vom 18.05.1998 werden ersatzlos aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Streitig ist die Rückforderung von Kindergeld wegen Überschreitens der Grenze für eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes.
Die Klägerin (Kl'in) erhielt für ihren in Ausbildung befindlichen Sohn Oliver Kindergeld. Den Zahlungen für 1997 lag ein Kindergeldbescheid vom 18.09.1996 zugrunde. Noch im Jahr 1996 ging dem Beklagten (Bekl.) eine Ausbildungsbescheinigung vom 13.11.1996 für den Sohn der Kl'in zu, nach deren Inhalt der Sohn eine voraussichtliche Ausbildungsvergütung von brutto 13.600 DM im Jahr 1997 erhalten werde. In der Bescheinigung war die Rubrik, in der zusätzliche Leistungen, wie z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aufzuführen sind, gestrichen. Daraufhin verfügte der Bekl. intern, dass das Kindergeld weiter zu gewähren sei. Am 08.12.1997 ging dem Bekl. eine neue Ausbildungsbescheinigung zu. Danach hatte der Sohn der Kl'in 1997 eine laufende Ausbildungsvergütung von insgesamt 14.480 DM und zusätzlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld von 2.424 DM erhalten, mithin Bruttobezüge von insgesamt 16.904 DM.
Daraufhin hob der Bekl. mit Bescheid vom 20.02.1998 die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung ab Januar 1998 auf, da die Bezüge des Kindes nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrages die maßgebliche Grenze von 12.360 DM im Jahre 1998 voraussichtlich übersteigen würden.
Mit einem weiteren Bescheid vom 21.04.1998 änderte der Bekl. sodann die Festsetzung des Kindergeldes für das Streitjahr 1997 wegen Überschreitens der für 1997 maßgeblichen Grenze von 12.000 DM mit Wirkung ab Beginn des Jahres 1997 und forderte das überzahlte Kindergeld im Gesamtbetrag von 2.640 DM zurück. Der Einspruch der Kl'in hiergegen hatte keinen Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Einspruchsbescheids vom 18.05.1998 verwiesen (Bl. 17 – 27 GA).
Mit der hiergegen gerichteten Klage macht die Kl'in geltend, die Kindergeldfestsetzung habe nicht geändert werden dürfen, weil sie ihren Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten ausreichend nachgekommen sei, sie insbesondere dem Bekl. die Einkommensverhältnisse des Sohnes, soweit es ihr möglich gewesen sei, mitgeteilt habe. Es sei für den Bekl. ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, bereits vor Dezember 1997 über die geänderten Einkommensverhältnisse ausreichend unterrichtet zu sein. Der Bekl. habe damit seine Aufklärungspflicht verletzt.
Die Kl'in beantragt,
den Bescheid vom 21.04.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.05.1998 ersatzlos aufzuheben.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Begründung im Einspruchsbescheid fest. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Bescheid vom 20.02.1998 einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ab – und nur ab – Januar 1998 geändert habe. Der ursprüngliche Dauerverwaltungsakt sei für den Zeitraum bis Dezember 1997 insoweit unberührt geblieben. Ein Verwaltungsakt bleibe nämlich wirksam, soweit er nicht aufgehoben werde.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Das Arbeitsamt dürfte das schon ausgezahlte Kindergeld nicht mehr zurückfordern.
1. Der Kl'in steht allerdings für das Jahr 1997 nach materiellem Recht kein Kindergeld für ihren Sohn Oliver zu, da der Sohn im Kalenderjahr 1997 Einkünfte von mehr als 12.000 DM bezogen hatte, nämlich eine Ausbildungsvergütung einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld von 16.904 DM, sodass nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrages von 2.000 DM – höhere Werbungskosten des Sohnes sind nicht geltend gemacht – Einkünfte von 14.904 DM verbleiben.
Nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 Einkommenst...