Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anrechnung ausländischer Steuern bei Gestaltungsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zwischenschaltung zweier niederländischer Gesellschaften rechtsmissbräuchlich i. S. des § 42 AO ist.
- Die Anrechnung ausländischer Steuern setzt voraus, dass auch ausländische Einkünfte vorliegen.
Normenkette
AO § 42
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anrechnung niederländischer Dividendensteuer i.H.v. 200.T DM/100 T€ auf die vom Kläger für das Streitjahr 1999 zu zahlende Einkommensteuer.
Der Kläger war im Streitjahr als Geschäftsführer und Gesellschafter der I GmbH (I) tätig und erzielte für seine Geschäftsführertätigkeit einen Bruttolohn von etwa 1,2 Mio. DM jährlich, daneben gab er unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von x Mio. DM in 1999 an, hinzu kamen insgesamt erhebliche Verluste aus der Vermietung von fünf Objekten in 2 deutschen Städten. Er wurde zunächst erklärungsgemäß veranlagt.
In einem, ihm 2008 bekanntgegebenen, in strafrechtlicher Hinsicht nach erheblichen Steuernachzahlungen und einer zusätzlichen Geldbuße von x € nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellten Ermittlungsverfahren, stellten die Steuerfahndungsbehörden in A und B fest, dass der Kläger mit einer Beteiligungskonstruktion Kapitaleinkünfte verschleiert und der Besteuerung entzogen hatte.
Er hatte am 30. Oktober 1992 55% der Stammanteile der I an eine V B.V. in den Niederlanden - im Folgenden V - veräußert und behielt nominell nur, neben einem weiteren Gesellschafter, 25% der Stammanteile. Die V ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Gesellschaft B N.V. mit Sitz in den Niederländischen Antillen - im Folgenden B - und diese wiederum eine 100%ige Tochtergesellschaft der F Consultings Ltd. mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, an der der Kläger zu 100% beteiligt war. Ab 1. März 2001 wurden Vermögenswerte von der F sukzessive auf die Stiftung M mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein umgeschichtet. Die letztgenannte Gesellschaft und die Stiftung unterhielten Konten zur LGT-Bank in Liechtenstein; alleiniger Anteilseigner der F und Begünstigter der Stiftung war der Kläger. Die ihm so weiterhin zugeflossenen anteiligen Gewinnausschüttungen der I hatte der Kläger in seiner Steuererklärung für das Streitjahr nicht angegeben.
Der Beklagte setzte in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid deshalb die der V. in den Streitjahren zugeflossenen Nettoausschüttungen der I für 1999 mit 2.500.000 DM als weitere Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen an.
Der Einspruch des Klägers hatte insoweit Erfolg, als der Beklagte mit Änderungsbescheiden dem Begehren des Klägers folgte, die von der I an die V. gezahlten Bruttodividenden in Höhe von 3,7 Mio. DM anstelle der Nettoausschüttungen als Einkünfte anzusetzen und so die von der I abgeführte Körperschaftsteuer in Höhe des jeweiligen Differenzbetrags auf die Einkommensteuer anzurechnen. Die Kapitalertragsteuer wurde nur insoweit angerechnet als sie nicht aufgrund eines Antrags nach § 50d EStG rückerstattet wurde.
Im Übrigen wies er die Einsprüche zurück und führte aus, dass nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. §§ 39, 42 Abgabenordnung (AO) die Gewinnausschüttungen der I GmbH an die V. dem Kläger als verdeckte Gewinnausschüttungen zuzurechnen seien. Diese stellten daher inländische Einkünfte dar, weswegen ihm auch die Körperschaftsteuer hätte angerechnet werden können, die die I insoweit abgeführt habe. Die vom Kläger darüber hinaus begehrte Berücksichtigung der auf Ebene der Ausschüttungen der V. an die B abgeführte niederländische Dividendensteuer (1999 217.500 holländischen Gulden/200 TDM auf 4,35 Mio. Gulden) komme nicht in Betracht, weil diese Einkünfte dem Kläger nicht zugerechnet würden und damit nicht in die Ermittlung der der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte einbezogen werden könnten. Es liege mithin kein Doppelbesteuerungstatbestand vor; nur dann käme eine Anrechnung niederländischer Steuern nach Maßgabe des § 34c Einkommensteuergesetz (EStG) in Betracht.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage und verfolgt zunächst sein Begehren aus dem Einspruchsverfahrens weiter.
Nach entsprechenden richterlichen Hinweisen wendet er sich nunmehr nur noch gegen die Versagung der Anrechnung der niederländischen Dividendensteuer im Streitjahr. Auch wenn insoweit ein Gestaltungsmissbrauch vorliege, handele es sich um ausländische Einkünfte des Klägers, so dass die niederländische Dividendensteuer nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnen sei. Sehe man dies anders, sei hilfsweise nach § 34c Abs. 3 EStG die ausländische Steuer abzuziehen. Diesem Abzug stehe auch nicht § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG entgegen. Diese Regelung sei nur eine Ausnahme zur Vorschrift des § 34c Abs. 3 2. Variante EStG. Hier gehe es aber um den Abzug nach § 34c Abs. 3 3. Variante EStG, weil keine „ausländischen Einkünfte vorlägen”. Besteuerungsstaat und Herkunftsstaat de...