Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuerpflicht von Beitragsnachlässen einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber ihren Dienstordnungsangestellten
Leitsatz (redaktionell)
Durch die Gewährung des Krankenversicherungsschutzes zu ermäßigten Beiträgen wendet eine gesetzliche Krankenkasse ihren beihilfeberechtigten Dienstordnungsangestellten steuerpflichtigen Lohn zu. Dass die Beitragsermäßigung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Krankenkasse gewährt wird, ändert daran nichts.
Normenkette
EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1; SGB V § 14
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Beitragsnachlass, den die Klägerin ihren so genannten Dienstordnungsangestellten gewährt, der Lohnsteuer zu unterwerfen ist.
Die Klägerin beschäftigt Dienstordnungsangestellte (§ 351 Reichsversicherungsordnung – RVO), die beamtenähnlichen Status haben. Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht versicherungspflichtig, sondern haben einen Anspruch auf Beihilfe gegen die Klägerin. Nachdem der Gesetzgeber zum 01.01.1989 in § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) V den gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt hatte, in ihren Satzungen für die Dienstordnungsangestellten auf die Höhe des Beihilfeanspruchs abgestimmte Ansprüche auf Teilkostenerstattungen vorzusehen, nahm die Klägerin eine solche Regelung in § 14 ihrer Satzung auf. Die Vorschrift sieht allerdings keine Teilkostenerstattung der Klägerin auf ihr von Dienstordnungsangestellten eingereichte Rechnungen der Leistungserbringer vor. Vielmehr treten an die Stelle des Anspruchs auf Teilkostenerstattung und auf Beihilfe die nach dem SGB V und der RVO vorgesehenen Kassenleistungen (§ 14 Abs. 4 der Satzung). Der Beitrag, den die Dienstordnungsangestellten hierfür zu entrichten haben, beträgt 50 v. H. des Beitragssatzes für freiwillige Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld (§ 16 Abs. 7 der Satzung). Die Satzung wurde vom Niedersächsischen Sozialministerium genehmigt. Die überwiegende Zahl der Dienstordnungsangestellten der Klägerin, aber nicht alle, haben mit der Klägerin eine den §§ 14 Abs. 4 und 16 Abs. 7 der Satzung entsprechende Vereinbarung getroffen. Die Klägerin schrieb den Beiträgen der Dienstordnungsangestellten entsprechende „pauschale Beihilfebeträge” einem Verrechnungskonto gut, dessen Bestand am Jahresende ausgabemindernd in die Leistungskonten eingebucht wurde.
Der Beklagte (das Finanzamt) sah im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.1994 bis 30.11.1997 in dem hälftigen Beitragsnachlass, der den Dienstordnungsangestellten im Vergleich zu den übrigen freiwillig Versicherten gewährt wurde, einen lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmerrabatt, bewertete ihn nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und nahm die Klägerin – mit ihrer Zustimmung anstelle der Arbeitnehmer - für die insoweit nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer mit Bescheid vom 28.04.1998 gemäß § 42 d EStG in Haftung. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsbescheid vom 21.01.2000) die Klage.
Die Klägerin meint, der Beitragsnachlass sei kein Arbeitslohn. Es bestehe ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin daran, durch den Nachlass zu verhindern, dass sich die Dienstordnungsangestellten bei einer mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden privaten Krankenversicherung versicherten. Mit der Einführung des § 14 SGB V habe der Gesetzgeber dieses Interesse der Klägerin anerkannt. Die Leistungserbringer könnten für die Versorgung der freiwillig in der GKV versicherten Dienstordnungsangestellten nur nach den niedrigeren Kassensätzen abrechnen, wodurch die Klägerin Geld spare. Das störende Nebeneinander zweier unterschiedlicher Abrechnungsverfahren entfalle. Die Teilkostenerstattung des § 14 SGB V sei nicht praktikabel. Eine Erstattung der Privatliquidationen von Ärzten durchbräche das in der GKV grundsätzlich anzuwendende Solidarprinzip und wäre sozialpolitisch unhaltbar. Müsste die Klägerin den Dienstordnungsangestellten Beihilfe im Wege der Einzelfallabrechnung leisten, würde dies auch deshalb erheblich teurer, weil dann ca. 10 weitere Bearbeiter eingestellt werden müssten. Sollte die Klägerin Teilkostentarife, wie in § 14 SGB V vorgesehen, anbieten, würden die Dienstordnungsangestellten weiterhin zu privaten Krankenversicherern abwandern, weil die Klägerin auf dem Gebiet der privaten Krankenversicherung nicht konkurrenzfähig sei.
Es fehle auch an einer Vermögensmehrung bei den Dienstordnungsangestellten. Ihr Beitrag entspreche dem, was sie im Fall der Inanspruchnahme von Beihilfe für die ergänzende private Krankenversicherung aufzuwenden hätten.
Zumindest sei der Nachlass nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Es sei nicht einzusehen, warum die Beihilfeleistungen an Beamte nach dieser Vorschrift steuerfrei blieben und das zu einem wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnis führende von der Klägerin prakt...