rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliches Vertragswerk im Grunderwerbsteuerrecht
Leitsatz (redaktionell)
- Der für ein einheitliches Vertragswerk im Sinne des GrESt-Rechts erforderliche objektiv sachliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der Bebauung eines Grundstücks wird u. a. indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf dem konkreten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit nur geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändert haben, angenommen hat.
- Auf der Veräußererseite können mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Es genügt, wenn der Eigentümer das Grundstück dem Bauunternehmer, der die Bebauung angeboten hat, ”an die Hand“ gegeben hat. Maßgebend ist dabei der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf. Ohne Bedeutung ist, ob der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen oder sich für eine andere, wesentlich vom Angebot des Grundstücksveräußerers abweichende Bebauung zu entscheiden, und ggf. auch entsprechende Angebote eingeholt hat (ständige Rspr. des BFH).
Normenkette
AO 1977 § 370 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG §§ 8-9
Tatbestand
Streitig ist, ob die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind.
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 4. April 2012 von der A (Erbbaurechtsgeberin) ein Erbbaurecht an dem im Grundbuch eingetragenen Grundstück in X. Das Erbbaurecht wurde bis zum 31. Dezember 2111 bestellt. Der Erbbauzins betrug nach § 12 des Vertrages jährlich 1.182,25 € (5 % des Grundstückswerts von 23.625 €).
Nach § 2 war die Klägerin berechtigt, auf dem Grundstück ein Wohnhaus nebst Garage zu errichten. Die Klägerin war verpflichtet, vor der Errichtung der Baulichkeiten unter Vorlage der Bauzeichnung von der Erbbaurechtsgeberin die Zustimmung einzuholen. Da es sich um ein Reihenhaus handelte, war eine einheitliche äußere Gestaltung der Reihenhäuser sicherzustellen. Ferner war sie verpflichtet, mit der Errichtung des Wohnhauses spätestens innerhalb von drei Jahren zu beginnen.
Der Notar übersandte die Veräußerungsanzeige am 4. April 2012 an den Beklagten.
In dem Fragebogen des Beklagten zur Überprüfung, ob ein bebautes oder unbebautes Grundstück erworben wurde, gab die Klägerin unter dem 14. April 2012 an, dass geplant sei, das unbebaut erworbene Grundstück mit einem Einfamilienhaus zu bebauen. Sie sei durch eine Zeitungsanzeige auf das Grundstück aufmerksam geworden. Es sei von dem Verkäufer unbebaut angeboten worden und dieser habe keinen Wert darauf gelegt, dass der Bauauftrag mit einer bestimmten Baufirma geschlossen werde. Sie habe die bauausführenden Firmen selber ausgewählt. Bisher seien keine Verträge geschlossen worden. Hierfür fügte sie bei dem Fragebogen ein Kästchen ein, beschriftete dies mit Nein und kreuzte es an. Bei Vertragsschluss sei keine Bauplanung vorhanden gewesen. Sie habe auf die Bauplanung in vollem Umfang Einfluss genommen. Ein Bauantrag sei noch nicht gestellt worden. Eine Baugenehmigung liege noch nicht vor. Die Frage, ob der Abschluss von Verträgen geplant sei, beantwortete die Klägerin nicht.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des kapitalisierten Erbbauzinses als Bemessungsgrundlage (Jahreswert in Höhe von 1.267 x Vervielfacher 18,589) mit 1.059 € fest (4,5 % von 23.552 €).
Mit Schreiben vom 25. Januar 2017 forderte der Beklagte die Klägerin u.a. auf, den Bauvertrag zu übersenden, ferner die Schlussrechnung und eine Aufstellung über die angefallenen Baukosten. Die Klägerin teilte am 3. März 2017 mit, dass sie sich nunmehr durch den Prozessbevollmächtigten vertreten lasse. Dieser übersandte am 6. März 2017 eine Auftragsbestätigung der B (B-Bau) für die schlüsselfertige Erstellung eines Reihenhauses vom 3. März 2012 zum Pauschalpreis von 129.500 €. Auf der Auftragsbestätigung wurden verschiedene handschriftliche Änderungen vorgenommen und darauf verwiesen, dass sich wegen der Änderungen der Preis um 6.950 € reduzieren würde. Weiterhin wies der Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen sei.
Auf Auskunftsanfrage des Beklagten vom 2. März 2017 teilte die Erbbaurechtsgeberin mit, dass sie Bauunternehmern die Möglichkeit eingeräumt habe, mit den Grundstücken zu werben. Sie verwies dazu auf einen beigefügten Flyer (Druckdatum 6. März 2008), auf dem für das Baugebiet neben der B-Bau noch auf die Firmen C GmbH und D zur Bebauung der Grundstücke verwiesen wurde. Auf einem Lageplan w...