Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksumsätze: Option zur Umsatzsteuer nach formeller Bestandskraft
Leitsatz (redaktionell)
- Zur USt-Befreiung für Umsätze, die unter das GrEStG fallen gemäß § 4 Nr. 9a UStG.
- Ein solcher Umsatz kann als steuerpflichtig behandelt werden, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird.
- Gemäß § 9 Abs. 3 UStG kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei einem Grundstücksumsatz nur in dem gemäß § 311 Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklärt werden.
- § 9 UStG enthält keine zeitliche Vorgabe, in der die Optionsausübung stattfinden muss.
Normenkette
UStG 2005 § 9 Abs. 1, 3; UStG § 4 Nr. 9 Buchst. a
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erwarb in 2003 das Grundstück Z von einer A-Verwaltungs GmbH. Dieses Grundstücksgeschäft wurde umsatzsteuerpflichtig gestaltet. Der Kläger nahm deshalb den Vorsteuerabzug in 2003 in Anspruch. Im Anschluss verpachtete der Kläger das Grundstück an eine AfA GmbH, die ihrerseits das Grundstück zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendete.
Der Kläger hielt die Geschäftsanteile der AfA GmbH mit der Rechtsfolge, dass ab Verpachtung des Grundstücks eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen Kläger und AfA GmbH anzunehmen war. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen.
Mit notariellem Vertrag vom 22. Oktober 2009 veräußerte der Kläger das Grundstück an seine Ehefrau. In dieser notariellen Urkunde war kein Verzicht auf eine Steuerbefreiung dieses Grundstücksumsatzes erklärt. Die Ehefrau des Klägers verpachtete nunmehr das Grundstück ab Erwerb an die AfA GmbH umsatzsteuerpflichtig.
Der Beklagte änderte der zuvor zugestimmten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr durch Änderungsbescheid vom 13. Februar 2012, in dem er zu Lasten des Klägers eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a Umsatzsteuergesetz (UStG) vornahm. Dabei nahm er an, dass der Kläger vor Ende des Korrekturzeitraumes das Grundstück umsatzsteuerfrei veräußert habe mit der Folge, dass im Streitjahr die Vorsteuerberichtigung vorzunehmen sei. Über die Höhe des Berichtigungsbetrages besteht Einvernehmen.
Die gegen die Steuerfestsetzung nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründete der Kläger zunächst damit, es läge bzgl. des Grundstücks eine nicht steuerbare Teilgeschäftsveräußerung vor, weil die Erwerberin mit der Verpachtung des Grundstücks die Leistung fortsetze, die auch der Kläger gegenüber der GmbH zuvor erbracht habe. Nach Hinweis durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2013, wonach der Kläger wegen des bestandenen Organschaftverhältnisses umsatzsteuerlich keine Vermietungsleistung gegenüber der GmbH habe erbringen können und deshalb kein (Teil-) Vermietungsunternehmen übertragen werden könne, hat der Kläger mit notariellem Vertrag vom 12. April 2013 den ursprünglichen Kaufvertrag über das Grundstück in der Weise neu gefasst, dass nunmehr bzgl. des Grundstücksverkaufs die Option nach § 9 UStG ausgeübt wird. Wegen des nunmehr umsatzsteuerpflichtigen Grundstücksumsatzes komme eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG nicht in Betracht. Die Steuer für die Grundstückslieferung schulde nach § 13 b UStG die Erwerberin.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer um 9.550,47 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Zeitpunkt der Optionserklärung im notariellen Vertrag vom 12. April 2013 sei die Umsatzsteuer für das Streitjahr bereits formell bestandskräftig gewesen. Die formelle Bestandskraft sei einen Monat nach Abgabe der Steuererklärung im August 2010 eingetreten. Die Option nach § 9 UStG sei nach der Rechtsprechung des BFH aber nur bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft möglich. Auf die Entscheidungen VI R 1/08 vom 10.12.2008 und V B 146/97 vom 6. August 1998 werde verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG scheidet aus, weil der Kläger das Grundstück umsatzsteuerpflichtig veräußert hat.
Nach § 4 Nr. 9 a UStG sind Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Umsatzsteuer befreit. Ein derartiger Umsatz kann nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt werden, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Kläger hat das Grundstück an seine Ehefrau geliefert, die das Grundstück ihrerseits steuerpflichtig vermietet. Damit sind auch die Voraussetzungen, die § 9 Abs. 2 UStG an die Option stellt, erfüllt.
Nach § 9 Abs. 3 UStG ist gesetzlich geregelt, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei einem Grundstückumsatz nur in dem gemäß § 311 b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenen Vertrag erklärt werden kann. Auch diese formelle Anforderung an die Optionsausübung ist im Streitfall erfüllt. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann die Vorschrift nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nur in dem ersten notariellen Vertrag abschließend über eine Option eine Vereinbarung getroffen werden kann, die danach ...