vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sammelauskunftsersuchen zu Internetverkäufen
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Mitwirkungspflicht „anderer Personen” gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO.
- Das Auskunftsrecht des Fiskus unterliegt allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen. Die verlangte Auskunft muss zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig sein, die Pflichterfüllung muss für den Betroffenen üblich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar sein.
- Eine Auskunft über den Inhalt elektronisch gespeicherter personenbezogener Daten ist nur möglich, wenn der um Auskunft Ersuchte tatsächlich über die Speichermedien, auf denen die personenbezogenen Daten gespeichert sind, verfügen kann oder wenn er gegen den Verfügungsberechtigten einen rechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Daten hat.
Normenkette
AO §§ 93, 208 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klage richtet sich gegen ein Sammelauskunftsersuchen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO).
Mit Auskunftsersuchen von 10.05.2010 ersuchte der Beklagte – aufgrund eines internen Auftrages der OFD – die Klägerin um Auskunft über Verkäufe niedersächsischer Unternehmen in den Jahren 2007 bis 2009 als Drittanbieter über die Internetplattform xy.de.
Die website www.xy.de, deren Domaininhaberin die Klägerin ist, war früher von der Klägerin betrieben worden. 2007 bis 2009 war die M. S.a.r.l., die Muttergesellschaft der Klägerin, Betreiberin der website (mit Ausnahme der M-Plattform …). Die xy.de M-Plattform wurde ebenso wie andere Angebote für Drittanbieter auf dieser Website von der S. S.a.r.l. betrieben.
Gegenüber diesen beiden Gesellschaften mit Sitz in Luxemburg erbrachte die Klägerin im Zusammenhang mit dem Betrieb der Website Dienstleistungen, denen folgende vertragliche Vereinbarungen zugrunde lagen:
- In dem am 18.06.2008 geschlossenen „C. … Agreement” (Anlage 1) verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der M. S.a.r.l. zur Erbringung von Supportleistungen gegenüber Händlern und Kunden der xy.de-Verkaufsplattform ab 01.01.2007.
- In dem am 18.06.2008 geschlossenen „S. … Agreement” (Anlage 2) verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der M. S.a.r.l. zu den in Anhang A unter Ziff. 1.1 bis 1.6 im Einzelnen bezeichneten Dienstleistungen wie beispielsweise der Steuer- und Rechtsberatung ab 01.01.2007.
- In dem „Data … Agreement” (Anlage 3) vom 01.05.2006 verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der S. S.a.r.l. zu Datenverarbeitungsleistungen auf der Grundlage luxemburgischen Rechts, insbesondere Luxemburger Datenschutzbestimmungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf die Verträge Bezug genommen.
Mit dem Auskunftsersuchen begehrt der Beklagte im Einzelnen folgende Auskünfte:
„Welche Nutzer von XY mit Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz in Niedersachsen haben in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 für mehr als 17.500 € pro Jahr Verkäufe über XY (…) getätigt?
Zu den betroffenen Nutzern benötige ich folgende Angaben:
1. Name, Vorname, Geburtsdatum (soweit vorhanden) und Anschrift; bei Gesellschaften zusätzlich Bezeichnung der Gesellschaft, und – soweit vorhanden – Name, Vorname und das Geburtsdatum der Gesellschafter, Telefon und email-Adresse.
2. Weitere XY-Teilnehmernamen (Pseudonyme)
3. Bankverbindung/Kreditkartennummer, Einzelaufstellung der Verkäufe der jeweiligen oben angegebenen Nutzer mit mindestens folgenden Angaben:
a) XY-Mitgliedsnamen
b) Datum des Verkaufs- bzw. Auktionsende
c) Artikelbezeichnung
d) Verkaufspreis bzw. Höchstgebot
e) Artikelnummer
f) Anzahl der verkauften Artikel pro Angebot.”
Zur Begründung führte der Beklagte u. a. Folgendes aus:
„Im Rahmen umfangreicher Internetermittlungen der Steuerverwaltung wurde festgestellt, dass Nutzer von Internetplattformen, bei denen diese die Möglichkeit haben, Wirtschaftsgüter unter Pseudonymen zum Verkauf anzubieten, ihre steuerlichen Pflichten nicht immer ordnungsgemäß erfüllen. Im Vertrauen auf die durch die Pseudonyme geschaffene relative Anonymität der Verkaufstätigkeiten erklären viele Nutzer ihre an sich steuerpflichtigen Verkaufserlöse nicht oder nicht vollständig”
Der Sprungklage hiergegen stimmte der Beklagte nicht innerhalb der Monatsfrist zu, sondern wies sie als Einspruch durch Einspruchsbescheid als unbegründet zurück. Wegen deren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des jedenfalls rechtswidrigen Sammelauskunftsersuchens begehrt.
Das Sammelauskunftsersuchen sei rechtswidrig, weil die Klägerin nicht zur Erteilung der Auskunft in der Lage sei. Sie sei nicht in die Abwicklung der Geschäfte der Drittanbieter, der Einziehung der Gebühren und die Verwaltung der Nutzung der xy.de M-Plattform involviert. Diese erfolge ausschließlich durch die Luxemburger S. S.a.r.l., die als alleinige Betreiberin der xy.de M-Plattform über die Verkäuferdaten verfüge (vgl. insofern auf www.xy....