vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalvermögen: Ansatz der Marktrendite
Leitsatz (redaktionell)
- Am jeweiligen Rückzahlungstag zum Nennwert einzulösende Teilschuldverschreibungen, bei denen in Abhängigkeit von der Kursentwicklung bestimmter Aktien sog. Bonusbeträge gezahlt werden, sind Kapitalforderungen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
- Auch wenn diese Teilschuldverschreibungen keine Emissionsrendite aufweisen, sind Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung des Kapitals rechnerisch voneinander abgrenzbar. Der Ansatz der Marktrendite kommt daher nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 1 Buchst. c, S. 2 erste Halbsatz
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Der Kläger erwarb in den Jahren 2007 und 2008 zwei verschiedene Teilschuldverschreibungen. Zwischen den Beteiligten ist nunmehr streitig, ob aus der Veräußerung der Teilschuldverschreibungen im Streitjahr steuerpflichtige (negative) Kapitaleinkünfte entstanden sind oder ob die negativen Einkünfte den sonstigen Einkünften (Spekulationsgeschäfte) zuzuordnen sind.
Der Kläger erwarb zunächst am … 2007 eine Teilschuldverschreibung der Credit Suisse zu einem Nennwert von … € zu einem Kurswert von … € (Wertpapierkennnummer - WKN - CS0AC7). Der Kläger veräußerte diese Teilschuldverschreibungen am … 2008 für … €. Die zweite Teilschuldverschreibung der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (WKN A0TVK2) zu einem Nennwert von … € erwarb der Kläger am 16. Mai 2008 zu einem dem Nennwert entsprechenden Kurswert. Er veräußerte diese Teilschuldverschreibung sodann am … 2008 zu einem Kurswert von … €. Insgesamt erzielte er aus diesen beiden Geschäften einen Verlust von … €.
Die Funktionsweise der Credit-Suisse-Schuldverschreibung ergibt sich aus dem zugehörigen Prospekt, auf welchen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Zusammenfassend hatte der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung des Nennwerts der Teilschuldverschreibungen zum jeweiligen Rückzahlungstag. Daneben gab es sogenannte Bonusbeträge, welche jeweils in Abhängigkeit von der Kursentwicklung bestimmter Aktien zu zahlen waren. Die Bonusbeträge waren an den sogenannten Bonustagen zahlbar, welche jeweils der 5. Bankgeschäftstag nach dem letzten Kalendertag einer Beobachtungsperiode waren. Die Beobachtungsperioden endeten jährlich zum 11. Mai eines Jahres. Ausweislich Seite 29 des Prospektes handele es sich bei den Teilschuldverschreibungen um Kapitalforderungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG), da die Rückzahlung des Kapitalvermögens ausdrücklich zugesagt werde. Gewinne aus dem Verkauf oder der Einlösung der Teilschuldverschreibungen seien steuerlich als Kapitaleinkünfte im Sinne von § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG zu betrachten und unterlägen daher der Einkommensteuer.
Die Schuldverschreibung der Lehman Brothers hatte eine identische Funktionsweise, allerdings eine abweichende Laufzeit sowie abweichende Referenzaktien (vgl. Konsolidierte Bedingungen, …). Insbesondere ergibt sich auch hier eine Verzinsungspflicht an bestimmten „Zinszahlungstagen” (§ 3 (a) der Konsolidierten Bedingungen). Nach § 4 (a) der Konsolidierten Bedingungen war am Endfälligkeitstag eine Rückzahlung in Höhe von mindestens 100% des Nennbetrags fällig. Im Gegensatz zum Prospekt der Credit Suisse wird im Hinblick auf die steuerliche Behandlung unter anderem ausgeführt: „Für Privatanleger behandelt die Finanzverwaltung aufgrund einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs Veräußerungs- oder Einlösungsgewinne aus den Schuldverschreibungen bei der Veranlagung […] möglicherweise als spekulativ. In dem Fall wären Gewinne nach einer einjährigen Haltefrist steuerfrei, der Abzug potentieller Verluste wäre beschränkt.”
In den für das Streitjahr erstellten Jahresbescheinigungen bescheinigte die Bank des Klägers aus An- und Verkauf der Schuldverschreibungen negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von … €. Gleichzeitig sollten die in Zusammenhang mit der Anschaffung angefallenen Provisionen zu negativen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften führen.
Im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung versagte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - dem Kläger den beantragten Abzug von … € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Es verwies darauf, dass die Verluste der Vermögensebene zuzuordnen seien. Das gegen den Bescheid vom … 2009 angestrengte Einspruchsverfahren verlief erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom … 2011 führte das FA aus, die streitigen Veräußerungserlöse gehörten erkennbar der Vermögensebene an und seien nicht im Rahmen der Marktrendite steuerbar. Die Ertrags- und die Vermögensebene seien im Streitfall nicht in einer untrennbaren Art und Weise vermischt. Die Erträge der Papiere lägen einzig und allein in einem Kapitalnutzungsentgelt in Form jährlicher Kuponzahlungen. Die Ertrags- und die Vermögensebene seien daher ohne Schwierigkeiten voneinander abgrenzbar. Es gäbe weder einen verdeckten Zinsertrag, noch...