vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 15/15)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eheliche Lebensgemeinschaft – Im Pflegeheim lebender Ehegatte
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG.
- Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht im Allgemeinen fort, wenn sich die Ehegatten nur vorübergehend räumlich trennen.
- Ob eine Lebensgemeinschaft i. S. einer umfassenden persönlichen, geistigen und räumlichen Gemeinschaft noch besteht oder noch angestrebt wird, ist im Wege einer Gesamtabwägung zu prüfen.
- Die Zusammenveranlagung mit einem in einem Pflegeheim lebenden Ehegatten ist bei Vorliegen einer - krankheitsbedingt eingeschränkten - Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auch dann möglich, wenn der Steuerpflichtige mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenlebt.
Normenkette
EStG § 26 Abs. 1, 3, § 26b
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau hat.
Der Kläger (geb. XX. XX 1948) war seit dem XX. XX 1973 mit Frau A (geb. XX. XX 1948) verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die heute XX Jahre und XX Jahre alt sind.
Die Ehefrau des Klägers erkrankte 2002 an Demenz. Sie wurde zunächst von dem Kläger zuhause gepflegt. Als sich die Krankheit verschlimmerte, wurde die Ehefrau im XX 2008 in das Pflegeheim O verlegt. Der Umzug erfolgt auf Anraten der Diakonie, weil es dem Kläger trotz Unterstützung durch die gemeinsamen Töchter und durch die Schwiegermutter nicht mehr möglich war, eine angemessene Pflege zu leisten.
Die Pflegeeinrichtung O ist eine Facheinrichtung für dementiell erkrankte Menschen. Die Unterbringung erfolgte in O, weil es in dem gesamten Landkreis keine entsprechende Pflegeeinrichtung gab. Vom damaligen Wohnort des Klägers war die Pflegeeinrichtung ca. 35 km entfernt.
Die Ehefrau des Klägers erhielt während ihres Aufenthalts in der Pflegeeinrichtung Leistungen nach der Pflegestufe III. Sie war zu 100 % schwerbehindert. Sie war nicht mehr in der Lage, ihre Umwelt wahrzunehmen und konnte keine Gespräche mehr führen oder verfolgen.
Der Kläger besuchte seine Ehefrau jeden Samstag für einige Stunden und beteiligte sich während der Besuche aktiv an der Pflege, z.B. durch das Anreichen von Mahlzeiten. Nach dem Essen schob er seine Frau im Rollstuhl spazieren. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bescheinigung der Pflegeeinrichtung vom XX. XX 2015, auf die Niederschrift der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 sowie auf die Niederschrift der Zeugenaussage der Tochter in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2015 verwiesen.
Der Kläger kam für die Kosten des Pflegeheims (20.200 € bis 22.500 € im Jahr) und zusätzlich entstandenen Krankheitskosten der Ehefrau (400 € bis 500 € im Jahr) auf.
Das Amtsgericht D setzte nach der Verlegung der Ehefrau in das Pflegeheim zunächst einen Ergänzungsbetreuer ein. Am XX. XX 2011 wurde diese Entscheidung wieder aufgehoben. Seitdem verwaltete der Kläger die vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Ehefrau allein. Auch für ihre gesundheitliche und medizinische Betreuung war er verantwortlich.
Seit dem Jahr 2008 (so der Vortrag im Einspruchsverfahren) oder seit dem Jahr 2009 (so der Vortrag im Klageverfahren) hat der Kläger eine neue Lebensgefährtin, Frau B (geb. XX. XX 1951). Im XX 2010 zog Frau B in die Wohnung des Klägers in E ein.
Ende 2010 begannen der Kläger und Frau B im Wege des hälftigen Miteigentums ein neues Wohnhaus zu bauen (in E). Der Kläger und Frau B zogen im XX 2011 in das Haus ein. Auf der Website des Bauunternehmens ist ein Artikel über das Haus eingestellt, wonach der Kläger das Haus für einen neuen Lebensabschnitt geplant und errichtet habe. Das alte Haus hätte aufwendig renoviert und für das Alter umgebaut werden müssen. Das neue Haus sei fast barrierefrei errichtet worden. Es solle als Altersruhesitz für zwei Personen dienen.
Nach den Ermittlungen des Finanzamts führten der Kläger und Frau B seit 2011 ein Bankkonto in Form eines Gemeinschaftskontos, von dem sie die Kosten der allgemeinen Lebensführung bestritten. Beide überwiesen auf dieses Konto regelmäßig per Dauerauftrag Beträge über jeweils 700 € mit dem Verwendungszweck „Essen, Schlafen, Leben” bzw. „fürs Leben”.
Am XX. XX 2014 verstarb die Ehefrau des Klägers.
Der Kläger beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen 2011 bis 2013 die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau, ohne offen zu legen, dass er inzwischen mit Frau B zusammen lebte. Er machte in den Steuererklärungen als außergewöhnliche Belastungen die Pflegeheimkosten und Krankheitskosten der Ehefrau geltend. Außerdem beantragte er in jedem Jahr den Abzug von 60 Fahrten in das Pflegeheim.
Die Einkommensteuerveranlagungen wurden antragsgemäß im Wege der Zusammenveranlagung durchgeführt.
Gegen die Einkommensteuerzusammenveranlagung 2013 legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, dass die Pflegekosten nicht um ein...