Entscheidungsstichwort (Thema)
Der steuerlichen Anerkennung eines zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Angehörigen – hier: zum Erwerb von GmbH-Anteilen - gegebenen Anschaffungsdarlehens (sog. isolierter Darlehensvertrag) steht im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung nicht entgegen, dass auf eine Bestellung von Sicherheiten verzichtet wurde und die Modalitäten der Darlehenstilgung geringfügig von der getroffenen Vertragsabrede abweichen
Leitsatz (redaktionell)
- Ob ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen dem sog. Fremdvergleich standhält, ist nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu entscheiden.
- Bei festverzinslichen Darlehen ist die Fremdüblichkeit grds. anhand der Vereinbarung über die Laufzeit und Rückzahlbarkeit des Darlehens, der regelmäßigen Entrichtung der Zinsen sowie der Darlehensbesicherung zu überprüfen. Dabei kann im Rahmen der gebotenen Beweisgesamtwürdigung einzelnen dieser Beweisanzeichen ein unterschiedliches Gewicht beizumessen sein.
- Bei sog. isolierten Darlehensverträgen, d.h. Verträgen zwischen voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen über Anschaffungsdarlehen, die ansonsten bei fremden Dritten hätten aufgenommen werden müssen, gelten die Rechtsgrundsätze zum Fremdvergleich nicht uneingeschränkt, denn hier kommt den Modalitäten der Darlehenstilgung und der Bestellung von Sicherheiten eine erheblich geringere Bedeutung zu als bei zinslosen Darlehen oder verschleierten Geldschenkungen.
- Bei einem Anschaffungsdarlehen, das zum Erwerb von GmbH-Anteilen gegeben wird, steht der steuerlichen Anerkennung des Vertrages nicht entgegen, dass auf eine Sicherheitenbestellung verzichtet wurde und die Modalitäten der Darlehenstilgung geringfügig von der getroffenen Vereinbarung abweichen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nrn. 1-2
Streitjahr(e)
1992, 1993
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein zwischen Angehörigen geschlossener Darlehensvertrag steuerlich anzuerkennen ist.
Der Kläger, der bis Ende 1992 Maschinenbau an der … studierte, erwarb am 26. Februar 1992 aufgrund Annahmeerklärung eines ihm unterbreiteten Vertragsangebots sämtliche Geschäftsanteile an der Firma … GmbH zu einem Kaufpreis von 750.000 DM, wovon dem Kläger 100.000 DM zinslos gestundet wurden. Zur Finanzierung des Erwerbs der Beteiligung erhielt der Kläger u.a. von seinem Vater … darlehensweise einen Betrag von 100.000 DM; den restlichen Kaufpreis finanzierte der Kläger im Wesentlichen durch Aufnahme anderweitiger Darlehen. In dem am 15. Januar 1992 geschlossenen Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seinem Vater war als Verwendungszweck „Investitionskredit für Übernahme der Firma … GmbH” angegeben. Der Zinssatz war an den jeweiligen Bundesbankdiskont gekoppelt und betrug jeweils 2 v.H. mehr als dieser; die Zinsen waren zum 1. jeden Monats fällig. Zur Darlehensrückzahlung war vereinbart, dass jährlich Rückzahlungen in Beträgen nach Vereinbarung erfolgen konnten. Sondertilgungen waren jederzeit gestattet. Auf die Bereitstellung von Sicherheiten wurde verzichtet. Der Darlehensbetrag von 100.000 DM wurde dem Kläger auf dessen privates Girokonto von seinem Vater am 17. Dezember 1991 überwiesen. Von dem privaten Girokonto erfolgte am 18. Dezember 1991 die Überweisung dieses Betrags auf das bereits mit 10.000 DM bestehende Festgeldkonto des Klägers bei der …. Das Festgeld in Höhe von 110.000 DM wurde bis zum 2. März 1992 prolongiert. Am 2. März 1992 erfolgte die Kaufpreiszahlung in Höhe von 650.000 DM zu Lasten des privaten Girokontos des Klägers, auf das zuvor der Betrag von 110.000 DM vom Festgeldkonto umgebucht worden war.
In seiner Einkommensteuererklärung von 1992 machte der Kläger 7.732,22 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen im Hinblick auf die an seinen Vater auf das fragliche Darlehen gezahlten Zinsen geltend. Diese Zinsen waren vom Kläger in der Weise entrichtet worden, dass er seinem Vater am 23. März 1992 einen Betrag von 2.170,22 DM (Zeitraum 16. Januar bis 20. März 1992) überwies, 202 DM in bar für die Zeit vom 20. März bis 30. März 1992 zahlte und ferner ab 1. April 1992 jeweils per Dauerauftrag monatlich je 670 DM überwies. Für 1993 erklärte der Kläger Werbungskosten aus dem fraglichen Darlehen seines Vaters von 8.040 DM. Dieser Betrag ergab sich aus den ebenfalls vom Kläger per Dauerauftrag überwiesenen monatlichen Raten von jeweils 670 DM.
Das beklagte Finanzamt – FA – erkannte das zwischen dem Kläger und seinem Vater geschlossene Darlehensverhältnis nicht an und ließ in den Einkommensteuerbescheiden 1992 und 1993 vom 10. Juni 1993 und 5. Dezember 1994 u.a. die geltend gemachten Zinsaufwendungen unberücksichtigt. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA durch Bescheid vom 10. Januar 1996 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Der Darlehensvertrag vom 15. Januar 1992 sei steuerlich nicht anzuerkennen. Er enthalte keine Vereinbarung über die Laufzeit und über die Art un...