Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bestimmung des Leistenden bei der Anlieferung von Altmetallen
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG.
- Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen.
- Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grds. davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.
- Zu der Frage, wann der Leistende als sog. „Strohmann” auftritt.
Normenkette
UStG §§ 2, 14-15
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Klägerin betrieb einen Großhandel mit Altmaterial und Reststoffen. Sie wurde Anfang 2008 nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der T & R GbR und der Aufnahme des Gesellschafters T als neuem Gesellschafter gegründet. Der Gesellschafter T war zuvor als selbständiger Händler mit Reisegewerbekarte und Steuernummer im Schrott- und Altmetallhandel tätig gewesen.
Im April 2008 suchte der Zeuge H von der Steuerfahndung die Klägerin auf und wies insbesondere den Gesellschafter T und die bei der Klägerin mit der kaufmännischen Abwicklung beschäftigte Zeugin M darauf hin, dass die Klägerin bei der Anlieferung von Schrott und Metallen hinsichtlich der Überprüfung der Unternehmereigenschaft der liefernden Personen erhöhte Sorgfalts- und Nachforschungspflichten träfen. Diese gingen über die Angabe der Steuernummer und die Vorlage des Personalausweises und einer Reisegewerbeanmeldung hinaus. Sie dürften sich nicht auf das vorgelegte Papier verlassen, sondern müssten sich aufgrund ihrer Erfahrungen im Schrotthandel bei jeder einzelnen Lieferung intensiv die Frage beantworten, ob es sich um ordnungsgemäße Schrottlieferungen der Personen handele, die sich als Lieferer ausgäben. Auf konkrete Nachfragen von T und der Zeugin M wurde ihnen erläutert, dass sie sich hierbei insbesondere auf ihr Bauchgefühl verlassen müssten. In diesem Zusammenhang wurde Ihnen beispielhaft erläutert, dass, wenn „junge Kerle”, die vielleicht sogar alkoholisiert seien, auftauchten, sie nicht davon ausgehen dürften, dass es sich um normale Unternehmer handele und sie in diesen Fällen evtl. sogar auf Geschäfte verzichten sollten, selbst wenn diese für sie lukrativ seien. Ferner wurde ihnen empfohlen, die Kfz-Kennzeichen der anliefernden Fahrzeuge zu notieren und die Personalausweise abzulichten. Ca. zwei bis drei Monate nach dem Gespräch wurde die Klägerin im Zusammenhang mit einer bei ihr durchgeführten Durchsuchung nach § 103 Strafprozessordnung (StPO) aufgrund eines Strafermittlungsverfahrens gegen Dritte erneut auf die genannten Nachforschungspflichten hingewiesen.
Hintergrund der Informationen der Steuerfahndung gegenüber der Klägerin war, dass von der Steuerfahndung in verschiedenen steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren festgestellt worden war, dass gegenüber Schrott- und Recyclinghöfen vielfach nur sogenannte „Schreiber” tätig geworden seien, die tatsächlich nicht die eigentlich Liefernden waren, sondern für „Hintermänner” nur ihre Unterschrift zur Anlieferung und Abrechnung der Lieferungen zur Verfügung gestellt hatten. Ferner soll der Handel mit Schrott und Altmetallen im Bereich C im Wesentlichen auf bestimmte Familien aufgeteilt gewesen sein, die das Geschäft unter sich teilten, sodass daneben kaum ein Bereich bestanden haben soll, über den Schrott oder Metalle aufgekauft werden konnte.
Bei der Klägerin lieferten außer den im Raum C ansässigen Familien auch andere Personen teilweise in erheblichem Umfang Schrott und Altmetalle an. Bei einem Wert von Anlieferungen im Wert von über 5.000 € im Jahr mussten Händler der Klägerin eine Reisegewerbekarte vorlegen und ihre Steuernummer angeben. Dies entsprach der Handhabung, die der Gesellschafter T auch bei anderen Recyclinghöfen kennengelernt hatte. Darüber hinaus hatte die Klägerin die Abwicklung des Ankaufs von Schrott und Metallen entsprechend der Hinweise der Steuerfahndung organisiert. Danach wurden die LKWs bei der Anlieferung von Schrott und Metallen gewogen und Wiegekarten erstellt. Auf den Wiegekarten bzw. auf den Abrechnungen war eine Rubrik mit der Nachfrage enthalten, ob es sich um eigenes Material handelt. Das Original der Wiegekarte verblieb bei der Klägerin. Eine Durchschrift der Wiegekarte wurde der anliefernden Person bzw. den Fahrern ausgehändigt. Von den Personen, die sich als Lieferanten ausgaben, ließ sich die Klägerin deren Steuernummer geben und die Reisegewerbekarte vorlegen. Ferner fertigte sie von dem vorgelegten Personalausweis eine Ablichtung. Gelegentlich wurden der Klägerin auch Schreiben der Steuerberater der als Lieferanten auftretenden Personen vorgelegt, in denen bestätigt wurde, dass diese unter der angegebenen Steuernummer beim Finanzamt als Unternehmer geführt würden. Die Zeugin M fragte auch bei Finanzämtern nach, ob die Person steuerlich geführt wurde. Hierauf er...