Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. (Einspruchsbescheid vom 25.9.1996)

 

Leitsatz (redaktionell)

Änderung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld rechtfertigt keine rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung.

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom

25. September 1996 werden insoweit aufgehoben, als dadurch die Kindergeldfestsetzung für die Tochter Bianca für die Monate Januar bis März 1996 aufgehoben worden ist.

Der Beklagte trägt die Kosten.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die rückwirkende Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung wegen Änderung der Anspruchsvoraussetzungen beim Übergang vom sozialrechtlichen zum steuerrechtlichen Kindergeld.

Die Klägerin erhielt für ihre am 18. November 1976 geborene Tochter B bis zum 31. Dezember 1995 Kindergeld nach den Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Die Tochter B ist ihrerseits Mutter eines am 19. Oktober 1994 geborenen Kindes, für das ihr vom Landkreis … – zuletzt durch Bescheid vom 20. September 1995 bis zum 11. Oktober 1996 -Erziehungsgeld bewilligt wurde. Unter dem 1. September 1994 hatte die Tochter B gegenüber dem Beklagten (das Arbeitsamt – AA –) eine schriftliche Erklärung abgegeben, sich im Anschluss an den Erziehungsurlaub dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen zu wollen (Bl. 198 der Kindergeldakte zur Kindergeldnummer 70/200).

Durch Bescheid vom 7. März 1996 hob das AA die Kindergeldfestsetzung für die Tochter B ab April 1996 mit der Begründung auf, dass diese wegen des Erziehungsurlaubs der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und daher die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erfüllt seien. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Durch Bescheid vom 20. Juni 1996 hob das AA aus diesem Grund auch die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar bis März 1996 auf. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es durch Einspruchsentscheidung vom 25. September 1996 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus:

Während nach § 2 Abs. 4 Satz 3 BKGG in der bis Ende 1995 geltenden Fassung für arbeitslose Kinder, die noch nicht 21 Jahre alt gewesen seien, auch dann ein Kindergeldanspruch bestanden habe, wenn sie dem Arbeitsmarkt tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden hätten, jedoch wegen der Erziehung eines Kindes Erziehungsgeld bezogen und erklärt hätten, dass sie sichnach dem Erziehungsurlaub der Arbeitsvermittlung wieder zur Verfügung stellen wollten, mache § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG den Kindergeldanspruch für arbeitslose Kinder davon abhängig, dass sie der Arbeitsvermittlung tatsächlich zur Verfügung stünden. Da diese Voraussetzung bei B nicht erfüllt gewesen sei, seien die Zahlungen von Januar bis März 1996 zu Unrecht erfolgt. Die Kindergeldfestsetzung für diese Zeiträume sei daher nach§ 70 Abs. 2 EStG aufzuheben.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin unter anderem vorträgt, dass ihre Tochter dem Arbeitsmarkt ab 1. Januar 1996 tatsächlich zur Verfügung gestanden habe. Ihre Tochter sei sich niemals darüber im klaren gewesen, für einen über den 1. Januar 1996 hinausgehenden Zeitraum bei irgendeiner Stelle „Erziehungsurlaub” beantragt zu haben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 1996 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. September 1996 insoweit aufzuheben, als darin die Kindergeldfestsetzung für ihre Tochter B für die Zeit von Januar bis März 1996 rückwirkend aufgehoben worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Das AA war verfahrensrechtlich nicht befugt, die Kindergeldfestsetzung für die Tochter B für die Monate Januar bis März 1996 aufzuheben. Da der Klägerin für dieses Kind bis zum 31. Dezember 1995 Kindergeld nach den Vorschriften des BKGG gewährt worden war, galt dieses mit Wirkung vom 1. Januar 1996 als nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes festgesetzt (§ 78 Abs. 1 EStG in der für den Streitzeitraum maßgebenden Fassung). Diese Festsetzung war zwar von Anfang an rechtswidrig. Denn die Tochter hatte am 1. Januar 1996 das 18. Lebensjahr vollendet und erfüllte auch nicht die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG, weil sie der Arbeitsvermittlung zur fraglichen Zeit tatsächlich nicht zur Verfügung stand, sondern sich dem Arbeitsmarkt erst nach Ablauf ihres Erziehungsurlaubs wieder zur Verfügung stellen wollte.

Da das Kindergeld nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gilt und auf die Festsetzung einer Steuervergütung die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemä...

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