Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuervergünstigung nach §§ 6b, 6c EStG bei zeitlichem Zusammenfall von Rücklagenbildung und Aufgabe des Unternehmens
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG.
- Die Bildung einer sog. § 6b Rücklage setzt weder bei fortbestehendem Betrieb noch bei einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe eine Reinvestitionsabsicht voraus. Es genügt, dass die spätere Übertragung der Rücklage auf ein begünstigtes Reinvestitionsobjekt am Bilanzstichtag objektiv möglich ist. Die Rücklage kann auch gebildet werden, wenn ihre erfolgsneutrale Auflösung nicht mehr möglich ist.
- Die vorstehenden Grundsätze sind nach § 6c Abs. 1 EStG entsprechend anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
- Die Vergünstigung der §§ 6c, 6b EStG kann auch in Anspruch genommen werden, wenn Rücklagenbildung und Unternehmensaufgabe zeitlich zusammenfallen.
Normenkette
EStG §§ 6b, 6c
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin eine Rücklage nach §§ 6b, 6c Einkommensteuergesetz (EStG) in der Einahme-Überschuss-Rechnung auf den 30. Juni 1998 berücksichtigen durfte.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammenveranlagt. Der Kläger erzielt überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG, während die Klägerin Eigentümerin eines (im Wesentlichen verpachteten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist und dementsprechend Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG erzielte.
Teile der zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen lagen im Baugebiet „X”. Zum 1. Januar 1997 verkaufte die Klägerin Flächen zur öffentlichen Nutzung an die Gemeinde. Mit notariellen Verträgen, die zwischen September 1997 und März 1998 abgeschlossen wurden, verkaufte sie darüber hinaus insgesamt 7 Bauparzellen an verschiedene Erwerber. Nutzen und Lasten sollten nach den notariellen Kaufverträgen jeweils zum 1. Juni 1998 auf die Erwerber übergehen. Die Kaufpreiszahlungen nahmen die Erwerber ebenfalls im Jahre 1998 vor. Dabei erzielte die Klägerin einen Gewinn von 276.567 DM. Die Höhe des Gewinns aus den Bauplatzverkäufen ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Klägerin gab am 28. September 1998 die Einkommensteuererklärung für 1997 beim Beklagten (Finanzamt - FA -) ab. Mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung erklärte sie die Aufgabe ihres (verpachteten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zum 30. Juni 1998. Den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 ermittelte sie durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
Bei der Ermittlung des Gewinns für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 berücksichtigte die Klägerin in ihrer Einnahme-Überschuss-Rechnung für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 gemäß § 6c Abs. 1 i.V.m. § 6b EStG eine Betriebsausgabe i.H.d. Gewinns aus den Bauplatzverkäufen von 276.564 DM. Gleichzeitig ermittelte sie aufgrund der erklärten Betriebsaufgabe einen Aufgabegewinn von 405.887 DM. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns berücksichtigte sie gemäß § 6c Abs. 1 Satz 2 eine Betriebseinnahme i.H.v. 276.564 DM. Für den einen Freibetrag gemäß § 14a Abs. 3 Nr. 2 EStG übersteigenden Betrag von 255.887 DM beantragte sie den ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 EStG. Das FA folgte zunächst den erklärten Angaben und erließ entsprechende Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung änderte das FA die Steuerbescheide dahin gehend, dass der Gewinn aus den Bauplatzverkäufen als laufender Gewinn des Wirtschaftsjahres 1997/1998 erfasst wurde. Eine Übertragung stiller Reserven gemäß § 6c i.V.m. § 6b EStG und Berücksichtigung dieses Betrages im (begünstigten) Aufgabegewinn ließ das FA nicht mehr zu, da zum Zeitpunkt der Übertragung der stillen Reserven zum 30. Juni 1998 eine Reinvestitionsabsicht nicht mehr erkennbar gewesen sei. Gegen den geänderten Steuerbescheid für 1997 legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, dass auf den Gewinn aus den Bauplatzverkäufen § 6c i.V.m. § 6b EStG anzuwenden sei. Für die Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG und somit für die Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 6 c EStG sei eine Reinvestitionsabsicht nicht erforderlich. Daher sei sie - die Klägerin - auch nach Aufgabe des Betriebes zum 30. Juni 1998 zur Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 6 c i.V.m. § 6 b EStG berechtigt gewesen. Mit dem Recht zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 6 c i.V.m. § 6 b EStG war eine Besteuerung des Veräußerungsgeschäfts als laufender Gewinn nicht mehr zulässig. Vielmehr sei der Überschuss aus den Grundstücksverkäufen als Teil des Aufgabegewinns ermäßigt zu besteuern. Dabei sei es unerheblich, dass auch zum 30. Juni 1998 die Betriebsaufgabe erklärt worden sei. Das zeitliche Zusammentreffen der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 6c i.V.m. § 6b EStG und der Aufgabe des Betriebes sei unschädlich. Sei der Auffassung des FA z...