Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Teilwertabschreibung sondern Übertragung eines Firmenwerts bei tatsächlicher Fortführung eines eingestellten Geschäftsbetriebs durch eine Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Teilwertabschreibung des Firmenwerts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG kommt nicht in Betracht, wenn der Geschäftsbetrieb faktisch auf ein anderes Unternehmen übertragen und von diesem fortgeführt wird. Hiervon ist auszugehen, wenn die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf das andere Unternehmen übergehen, die bisherigen Beziehungen zu Lieferanten und Kunden fortgeführt werden, der Firma lediglich ein Buchstabe hinzugefügt wird und die Kontaktdaten in Gänze gleich bleiben.
2. Der unentgeltliche Übergang des Firmenwerts von der übertragenen Kapitalgesellschaft, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau des Alleingesellschafter-Geschäftsführers der übernehmenden Kapitalgesellschaft ist, führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2011
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Veranlagungszeitraum 2011 streitig.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Frau H hält sämtliche Anteile der Klägerin. Geschäftsführer der Klägerin war der Ehemann der Gesellschafterin, Herr H. Gegenstand der Gesellschaft war im Streitjahr der Handel mit Nahrungsmitteln. Sie belieferte mit ihren Produkten die lebensmittelverarbeitende Industrie und den Lebensmitteleinzelhandel. Ursprünglich wurden die Produkte seit dem Jahr 2002 durch Firma P, deren Inhaberin Frau H war, vertrieben. Diesen Vertrieb übernahm ab 2004 die Klägerin. Aufgrund der Übernahme der bestehenden Geschäftsverbindungen der Firma P durch die Klägerin und des Umstands, dass sich über die Geschäftstätigkeit der Frau H ein Firmenwert gebildet hatte, aktivierte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2004 – nachdem der Sachverhalt im Rahmen einer damaligen Betriebsprüfung aufgegriffen wurde – einen ”Geschäfts- oder Firmenwert“ und schrieb diesen auf 15 Jahre ab.
Zum 31. Dezember 2011 stellte die Klägerin den operativen Geschäftsbetrieb ein. Das bilanzierte Wirtschaftsgut ”Firmenwert“ buchte die Klägerin zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2011 in Höhe des Buchwerts von 175.000,- € gewinnmindernd aus. Bis zum heutigen Tag ist die Klägerin im Handelsregister nicht gelöscht.
Die Klägerin nutzte zur Zeit ihrer aktiven Geschäftstätigkeit den Namen nebst Symbol (Bl 10 BP-Arbeitsakte) ”X“, der beim Marken- und Patentamt auf Frau H eingetragen war. Die Klägerin trat unter der Geschäftsadresse AB auf. Sie wies die Internet-adresse www.F.de sowie die E-Mail-Adresse: A aus.
Die Geschäftszahlen der Klägerin entwickelten sich nach den von ihr eingereichten Jahresabschlüssen wie folgt:
|
Umsatzerlöse einschließlich Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an unfertigen Erzeugnissen |
Gewinn/Verlust |
2007 |
2.223.678,59 € |
165.202,35 € |
2008 |
2.683.683,02 € |
141.609,69 € |
2009 |
2.391.724,42 € |
152.462,46 € |
2010 |
2.982.740,50 € |
75.682,28 € |
2011 |
2.709.884,71 € |
- 222.800,85 € |
Mit Gesellschaftsvertrag vom 12. Juni 2010 wurde die ”XY GmbH“ mit einem Stammkapital in Höhe von 25.000,- € errichtet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr H. Die Geschäftsanschrift der XY GmbH lautete AB. In der Gewerbeanmeldung war die Telefonnummer … genannt. Am 28. Mai 2011 wurde die Änderung der Firma von ”XY GmbH“ in ”Z GmbH“ im Handelsregister eingetragen. Die ”Z GmbH“ trat unter der Geschäftsadresse AB und unter der Telefonnummer …, der Faxnummer …, der Mobilnummer … auf. Sie gab die Internetadresse www.F.de sowie die E-Mail-Adresse: A an. Die ”Z GmbH“ nutzte den beim Marken- und Patentamt eingetragenen Namen nebst Symbol ”X“. Die ”Z GmbH“ übernahm die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens der Klägerin u.a. auch Bausparguthaben, Warenbestände und Forderungen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, zu Buchwerten zum 31. Dezember 2011. Die Klägerin und die ”Z GmbH“ hielten diesbezügliche Vereinbarungen nicht schriftlich fest.
Die ”Z GmbH“ führte die Geschäftsbeziehungen mit den bisherigen Zulieferern und Produzenten der Klägerin fort, nachdem der Geschäftsführer der Klägerin den Kunden die Einstellung der Geschäftstätigkeit persönlich bzw. fernmündlich mitgeteilt hatte. In diesen Gesprächen wies er darauf hin, dass als künftiger Geschäftspartner die ”Z GmbH“ auftreten werde.
Auf der Grundlage der von der Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2011 eingereichten Erklärungen ergingen am 6. Juli 2012 Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Lediglich die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen Gewerbeverlusts zum 31. Dezember 2012 ergingen am 28. November 2013. Die Bescheide standen ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2012 führte der Beklagte bei der Klägerin ein...