vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 15/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung einer befristeten Berufsunfähigkeitsrente bei einer kombinierten Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung
Leitsatz (redaktionell)
- Eine ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit und von Hinterbliebenen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b aa EStG) liegt bei einer kombinierten Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung nur vor, wenn mehr als 50% der Beiträge auf die Altersvorsorge entfallen. Dabei sind die Beiträge, die auf eine Weiterzahlung des Beitrags für die Altersrente nach Eintritt der Berufsunfähigkeit entfallen, als Beiträge zur Altersvorsorge zu werten.
- Eine ergänzende Absicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b aa EStG ist zudem nur dann anzunehmen, wenn die Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsrente nicht vor dem Beginn der Altersrente enden.
Normenkette
EStDV § 55 Abs. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 b, § 22 Nr. 1 S. 3 a Doppelbuchst bb
Tatbestand
Streitig ist, ob Versicherungsleistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit dem Besteuerungsanteil oder dem Ertragsanteil zu versteuern sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Im Schreiben vom … 2017 teilte die X Lebensversicherung AG (künftig X) der am … 1970 geborenen Klägerin mit, dass sie deren Leistungsanspruch wegen Berufsunfähigkeit anerkenne. Im Jahr 2017 erhielt die Klägerin von der X aus dem Vertrag … mit der Leistungs-Nummer … einen Betrag in Höhe von … € ausgezahlt. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
Rente (monatlich … €) vom 1. Mai 2014 bis 31. Mai 2015 |
… € |
Rente (monatlich … €) vom 1. Juni 2015 bis 31. Mai 2016 |
… € |
Rente (monatlich … €) vom 1. Juni 2016 bis 31. Mai 2017 |
… € |
Rente (monatlich … €) vom 1. Juni 2017 bis 31. Dez. 2017 |
… € |
abzüglich Arzthonorar |
… € |
In den Jahren 2018 und 2019 zahlte die X an die Klägerin jeweils … € aus.
Diesem Vorgang liegt ein Vertrag zugrunde, den die Klägerin als Fondsgebundene Rentenversicherung am 1. Juni 2006 mit der X abgeschlossen hatte. Er umfasste als Hauptversicherung eine fondsgebundene Rentenversicherung, eine Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung - Beitragsfreiheit - und eine Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung - Rente -. Als vertragliche Leistungen waren vorgesehen aus der „Hauptversicherung“ bei Rentenbeginn zum 1. Juni 2035 eine jährliche Rente pro 1.000 € Fondsguthaben von … €; aus den „Zusatzversicherungen“ versichert bis 1. Juni 2025 bei Berufsunfähigkeit die Beitragsfreiheit sowie eine monatliche Rente von … €.
Vom Tarifbeitrag in Höhe von insgesamt 187,59 €/Monat entfielen auf die Hauptversicherung 90,41 €, auf die Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung - Beitragsfreiheit - 3,39 € und auf die Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung - Rente - 93,79 €.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2011 hatte die X der Klägerin mitgeteilt, damit Beiträge für die von ihr abgeschlossene Versicherung steuerlich als Sonderausgaben abgesetzt werden könnten, verlange der Gesetzgeber, dass der Vertrag zertifiziert und die Summe der gezahlten Beiträge nach Ablauf des Beitragsjahres elektronisch an das zuständige Finanzamt übermittelt werden müsse. Um den Vertrag zertifizieren zu lassen, habe die X die Vertragsbedingungen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben angepasst. Damit die Klägerin die Beiträge weiterhin steuerlich geltend machen könne, sei es notwendig, dass sie die neuen zertifizierten Bedingungen als Vertragsbestandteil akzeptiere. Am 2. Februar 2011 hatte die Klägerin die Einwilligungserklärung zur Änderung der Versicherungsbedingungen unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 3. März 2018 bzw. 20. März 2020 informierte die X die Klägerin, sie werde in der Rentenbezugsmitteilung als Leistungsart § 22 Nummer 1 Satz 3 a) aa Einkommensteuergesetz (EStG), Leistungen aus einer Basis Rentenversicherung (zum Beispiel Leib- und Berufsunfähigkeitsrente) mitteilen. Ausweislich der e-Daten des Finanzamts hatte die X in den Rentenbezugsmitteilungen angegeben: Leibrente, Rechtsgrundlage § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG, Beginn Rente/Leistung 1. Mai 2014.
In der Einkommensteuererklärung 2017 erklärten die Kläger für die Klägerin eine Leibrente aus inländischen privaten Rentenversicherungen.
Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 7. November 2018 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Dabei erfasste der Beklagte die Rentenzahlung wie folgt (in €):
Jahresbetrag der Rente |
… |
Ab Nachzahlungen für mehrere Jahre |
… |
Zwischensumme |
… |
Ab steuerfreier Teil der Rente |
… |
Steuerpflichtiger Teil der Rente |
… |
Nachzahlung für mehrere Jahre |
… |
Ab steuerfreier Teil der Nachzahlung |
… |
steuerpflichtiger Teil der Nachzahlung |
… |
Auf den steuerpflichtigen Teil der Nachzahlung wandte der Beklagte § 34 Abs. 1 EStG an.
Die Arztrechnung in Höhe von … € berücksichtigte er als Werbungskosten.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein, wobei sie auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30. Januar 2018 5 K 3324/16 E, EFG 2018, 552...