vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 13/06)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Beteiligung als Organschaftsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen einer Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
- Eine finanzielle Eingliederung ist gegeben, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durchsetzen kann. Ist keine höhere qualifizierte Mehrheit als 50 v.H. für die Beschlüsse der Organgesellschaft erforderlich, beträgt die erforderliche Stimmenmehrheit 50 v.H.
- Die Stimmenmehrheit des Organträgers für Beschlüsse in der Organgesellschaft kann auch durch eine mittelbare Beteiligung erreicht werden.
- Bei einer Betriebsaufspaltung kann unterstellt werden, dass die Gesellschafter als Gruppe in beiden Gesellschaften stets einheitlich abstimmen, sofern nicht die Beteiligungsverhältnisse extrem entgegengesetzt sind.
Normenkette
UStG § 2
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft.
Im Oktober 1989 gründeten Dieter B. und sein Sohn Olaf B. die B.-KG (KG). Dieter B. brachte sein bestehendes Einzelunternehmen in die neu gegründete KG ein. Dieter B. ist als Komplementär beteiligt. Sein Sohn trat mit einem Festkapital von 25.000 DM als Kommanditist in die Gesellschaft ein. Der Gewinn und Verlust der KG wurde im Verhältnis von 75 v.H. zu 25 v.H. zwischen dem Komplementär und dem Kommanditisten aufgeteilt. Bei Auflösung der Gesellschaft erhält Dieter B. die von ihm mit der Gesellschaftsgründung erbrachte Sacheinlage zurück.
Im November 1993 gründeten Dieter und Olaf B. die Firma B.-GmbH (GmbH). Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.000 DM, wovon die Gesellschafter jeweils 50 v.H. (25.000 DM) halten. Gesellschaftsbeschlüsse werden grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Geschäftsführer der GmbH war Olaf B. Herr Dieter B. war als kaufmännischer Leiter, Kundenbetreuer und im Außendienst für die Gesellschaft tätig.
Die KG errichtete auf dem Grundstück L-Straße 5 ein Gebäude, das sie am 1. Dezember 1995 an die GmbH vermietete. Zugleich mietete die GmbH den Maschinenpark (u.a. diverse Druckmaschinen) von der KG.
Umsatzsteuerlich behandelte der Beklagte beide Gesellschaften als Organschaft. Er rechnete der Klägerin als Organträgerin die Umsätze (und Vorsteuern) zu.
Gegen den entsprechenden Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat August 2000 wendet sich die Klägerin.
Sie trägt vor, eine Organschaft § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liege nur vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sei. Diese Voraussetzungen müssten zusammen vorliegen, wenn auch nicht gleichermaßen stark ausgeprägt. Eine Organschaft könne nicht angenommen werden, wenn die Eingliederung nur in Beziehung auf zwei oder drei Merkmale bestehe.
Die Klägerin meint, dass die Voraussetzungen der finanziellen und organisatorischen Eingliederung im Streitfall nicht erfüllt seien.
Finanziell sei eine Organgesellschaft eingegliedert, wenn der Organträger an ihr so beteiligt sei, dass er seinen Willen durchsetzen könne. Nach ständiger Rechtsprechung reiche eine mittelbare Beteiligung einer Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft zu deren finanzieller Eingliederung grundsätzlich aus. Eine finanzielle Eingliederung bei mittelbarer Beteiligung liege vor, wenn die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten würden, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte verfügten und damit der Organträger unmittelbar seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen könne.
Eine finanzielle Eingliederung durch mittelbare Beteiligung über eine Gesellschafterbeteiligung könne nur dann angenommen werden, wenn ein Gesellschafter die Stimmenmehrheit sowohl in der Organträgergesellschaft als auch in der Organgesellschaft halte.
Im Streitfall hielten die beteiligten Gesellschafter zwar in beiden Gesellschaften zusammengerechnet 100 v.H. der Anteile, es fehle aber die Mehrheit der Stimmrechte eines Gesellschafters in beiden Gesellschaften:
In dem Kommanditgesellschaftsvertrag (der Klägerin) sei keine besondere Geschäftsführungsabrede enthalten. § 164 HGB bestimme, die „Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen, sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht.” Bezüglich gewöhnlicher Geschäfte sei Olaf B. als Kommanditist mithin von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 170 HGB). ...