rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung von Steuerbescheiden nach Außenprüfung bei Steuerhinterziehung/leichtfertiger Steuerverkürzung
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit Steuerbescheide aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, können sie nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.
- Die Durchbrechung der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO kann nur zu Gunsten des Finanzamts eingreifen, da die Vorschrift darauf zielt, dem Stpfl. die Früchte unlauteren Verhaltens vorzuenthalten.
Normenkette
AO § 173 Abs. 2
Streitjahr(e)
1992, 1993, 1994, 1995, 1996
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide noch geändert werden können.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren eine Gaststätte. Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war in dieser Zeit J. Aufgrund Prüfungsanordnungen des Beklagten (Finanzamt – FA -) wurde bei der Klägerin von Juni 1998 bis Januar 1999 eine Außenprüfung durch das beauftragte Finanzamt für Großbetriebsprüfung durchgeführt. Geprüft wurden die Jahre 1992 – 1996. Aufgrund einer durchgeführten Nachkalkulation gelangte die Prüferin zu den Ansicht, dass ein Teil der Umsätze und Erlöse nicht erklärt worden war, so dass insoweit Hinzuschätzungen vorzunehmen seien. Im Rahmen der Schlussbesprechung trafen die Beteiligten eine schriftlich fixierte tatsächliche Verständigung dahingehend, dass Netto-Umsätze und Erlöse i.H.v. 27.000 DM (1992), 60.000 DM (1993) 88.100 DM (1995) und 59.900 DM (1996) hinzugeschätzt wurden (Bl. 300 Bp-Arbeitsakte).
Auf dieser Grundlage ergingen geänderte Steuerbescheide. Gegen diese Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den sie jedoch in der Folgezeit nicht begründete. Die Einsprüche wurden mit inzwischen bestandskräftigen Einspruchsbescheiden vom 28. Oktober 1999 als unbegründet zurückgewiesen.
Im Mai 2001 beantragte die Klägerin die o.g. Steuerbescheide für 1992 –1996 zu ändern. Zur Begründung führte sie an, dass gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin im Anschluss an die Außenprüfung ein Bußgeldverfahren wegen Verkürzung von eigener Einkommensteuer sowie wegen Umsatzsteuer und Gewerbesteuer zugunsten der Klägerin eingeleitet worden war. Im Rahmen dieses Bußgeldverfahrens habe die Klägerin erkannt, dass in der den Änderungsbescheiden zugrunde liegenden Kalkulationen ein wesentlicher Fehler enthalten sei. So habe die Prüferin bei der Kalkulation der Nudelgerichte neben den verschiedenen Nudelsorten auch „Pomodori” als Nudeln veranschlagt. Hierbei handele es sich jedoch nicht um Nudeln, sondern um geschälte Tomaten. Da diese einen wesentlich geringeren Kilopreis haben, seien die in der Kalkulation angesetzten Werte zu hoch. Damit führe das in der tatsächlichen Verständigung festgehaltene Ergebnis zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, so dass die tatsächliche Verständigung als solche unwirksam sei. Im Übrigen sei die tatsächliche Verständigung auch deswegen unwirksam, da von Seiten des FA kein für die Veranlagung zuständiger Beamter, sondern nur Mitglieder der Großbetriebsprüfung unterschrieben haben. Demzufolge sei bei der Bemessung des Bußgeldes von deutlich geringeren verkürzten Steuern ausgegangen worden. Diese geringeren Beträge seien nunmehr auch im Rahmen der Steuerfestsetzung anzusetzen.
Das FA lehnte den Änderungsantrag ab, da es an einer Änderungsnorm für die bestandskräftigen Bescheide vorliegend fehle. Insbesondere sei eine Änderung nach § 173 der Abgabenordnung (AO) nicht möglich, da für Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen seien, die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO eingreife.
Gegen die Ablehnung des Änderungsantrages wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 AO vorliegen. So seien die aufgetretenen Fehler in der Kalkulation (Ansatz der Pomodori als Nudeln statt als Tomaten) nachträglich bekannt gewordenen neue Tatsachen. An dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsachen treffe die Klägerin auch kein grobes Verschulden, da sie sich zum einen auf die Fachleute des FA hinsichtlich der Kalkulation habe verlassen dürfen; andererseits habe sie sich auch an die tatsächliche Verständigung gebunden gefühlt. Erst nachdem nunmehr fest stehe, dass die tatsächliche Verständigung wegen des Vertretungsmangels auf Seiten des FA unwirksam sei, könnten die Fehler der Kalkulation im Rahmen eines Änderungsbescheides behoben werden.
Auch stehe die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO der Änderung nicht entgegen, da Steuerbescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen seien, immer dann geändert werden könnten, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege. Letzteres sei vorliegend der Fall, da der Gesellschafter-Geschäftsführer für die zugunsten der Klägerin begangen...