rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatsächliche Vermutung des Vorhandenseins des Kapitalstamms zu einem vorangehenden Veranlagungsstichtag, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Angaben zur Höhe seines Kapitalvermögens macht
Leitsatz (redaktionell)
- Grds. trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast für steuerbegründende Tatsachen.
- Da Vermögen normalerweise über Jahre hinweg angespart wird, besteht eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass das Vermögen, das dem Stpfl. zum 1.1. des einen Jahres nachweislich zuzurechnen ist, ihm nach Abzug der möglichen Ersparnis der letzten 12 Monate auch schon zum 1.1. des vorangehenden Jahres zuzurechnen war.
- Bestreitet der Stpfl., über dieses Vermögen schon damals verfügt zu haben, muss er den Beweis des ersten Anscheins dadurch entkräften, dass er substantiiert darlegt, woher er das Vermögen erworben hat.
Normenkette
AO § 162
Streitjahr(e)
1989, 1991, 1995
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 20.09.2004; Aktenzeichen II B 100/03) |
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Kapitalvermögens, das den Klägern zuzurechnen ist.
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Vermögensteuer zusammen veranlagt. Sie haben zeitnah keine Vermögensteuererklärungen für die Hauptveranlagungsstichtage 01.01.1989, 01.01.1993 und 01.01.1995 abgegeben.
Im Rahmen von Fahndungsmaßnahmen, die den Geldtransfer von der Volksbank B. zur DG Bank Luxemburg betrafen, wurde das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen X (FAFuSt) auf die Kläger aufmerksam. Aufgefunden wurde ein Vordruck der Volksbank für einen Wertpapier-Übertrag. Als Auftraggeber ist in dem Formblatt handschriftlich der Kläger mit seiner Wohnanschrift eingetragen, als Begünstigter wird ebenfalls der Kläger mit einem Depotkonto bei der DG Bank Luxemburg aufgeführt. Als zu übertragende Wertpapiere werden drei verschiedene festverzinsliche Wertpapiere mit einem Nennwert von jeweils 100.000,- DM benannt. Neben dem Datum 08.01.1993 findet sich die Unterschrift „W.”.
Weiterhin stellte das FAFuSt fest, dass die Kläger von ihrem Termingeldkonto am 29. Januar 1993 einen Geldbetrag von 135.244,20 DM abgehoben haben. Da für denselben Tag auf dem bankinternen Tafelpapierkonto der Erwerb zweier Tafelpapiere zum Betrag von 31.210,20 DM und 104.034,- DM, zusammen ebenfalls 135.244,20 DM, verbucht wurden, ging das FAFuSt von einem Erwerb von Tafelpapieren in entsprechender Höhe durch die Kläger aus.
Im Jahre 1999 leitete das FA FuSt ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Kläger ein. In diesem Zusammenhang schrieb es verschiedene Banken an und forderte diese auf, mitzuteilen, ob die Kläger dort eine Bankverbindung unterhielten und wenn ja, die Kontostände und erzielten Zinserträge mitzuteilen.
Aus den Bankmitteilungen ergaben sich für die Kläger folgende Kontostände:
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01.01.1989 |
01.01.1990 |
01.01.1991 |
01.01.1992 |
Kreissparkasse B |
76.816,16 DM |
118.193,49 DM |
128.478,00 DM |
304.328,75 DM |
Volksbank B |
28.253,97 DM |
103.219,33 DM |
166.840,86 DM |
288.239,69 DM |
Postbank |
942,37 DM |
965,77 DM |
994,72 DM |
1.024,54 DM |
Summe |
106.012,50 DM |
222.378,59 DM |
296.313,58 DM |
593.592,98 DM |
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01.01.1993 |
01.01.1994 |
01.01.1995 |
Kreissparkasse B |
247.566,45 DM |
116.715,42 DM |
80.203,95 DM |
Volksbank B |
374.730,69 DM |
128.082,77 DM |
179.868,57 DM |
Postbank |
1.055,26 DM |
1.081,75 DM |
1.103,37 DM |
Summe |
623.352,40 DM |
245.879,94 DM |
261.175,89 DM |
Der Beklagte wertete diese Bankbescheinigungen aus und erließ mit Daten vom 14., 18. und 21. September 1999 Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1989, 01.01.1991, 01.01.1992, 01.01.1993 und 01.01.1995. Dabei setzte er für die Stichtage 01.01.1992 und 01.01.1993 die Zahlenwerte aus den Bankbescheinigungen an. Für den Stichtag 01.01.1995 berücksichtigte er zusätzlich entsprechend dem aufgefundenen Vordruck einen Wertpapierbestand bei der DG Bank Luxemburg i.H.v. 300.000,- sowie einen Bestand an Tafelpapieren in Höhe von rund 149.000,- DM.
Da sich nach seinen Berechnungen das Vermögen der Kläger vom 01.01.1991 auf den 01.01.1992 um rund 300.000,- DM erhöht hatte und es diesen Vermögenszuwachs als ungeklärt ansah, ging der Beklagte davon aus, dass die Kläger auch vor dem 01.01.1992 Tafelpapiere gehalten hatten. Er schätzte deshalb ein zusätzliches Kapitalvermögen von 250.000,- DM auf den 01.01.1989 und 200.000,- DM auf den 01.01.1991 hinzu. Der gegen die Vermögensteuerbescheide gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die Kläger tragen im Klageverfahren vor, dass sie keine Tafelpapiere gehalten und kein Geld in Luxemburg angelegt hätten. Es sei nicht zutreffend, dass sie bei der Aufklärung nicht mitgewirkt hätten und deshalb eine Schätzungsbefugnis bestehe.
Der Vermögensanstieg von 1991 auf 1992 beruhe auf dem Verkauf von drei Grundstücken. Die Kläger haben die jeweils ersten Seiten der notariellen Kaufverträge vorgelegt. Zwei dieser Verträge datieren aus dem Jahr 1992. Ein weiterer Vertrag datiert vom 24. März 1991. Danach haben die Kläger und Frau R. als Miteigentümer zu je ½ ein Grundstück in S. zum Kaufpreis von 230.000,- DM veräußert. Der Kaufpreis war l...