rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Land- und Forstwirtschaft: Betriebsaufgabe nur bei Aufgabeerklärung; abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Zulässigkeit einer Klage, wenn die ESt auf 0 € festgesetzt worden ist.
- Bei einer Betriebsverpachtung im Ganzen hat der Betriebsinhaber ein Wahlrecht, den Betrieb fortzuführen oder die Betriebsaufgabe zu erklären.
- Eine Betriebsaufgabe liegt nur vor, wenn der Stpfl. eine eindeutige und unmissverständliche Aufgabeerklärung abgegeben und dementsprechend auch einen Aufgabegewinn oder -verlust ermittelt und in seiner ESt-Erklärung angegeben hat.
- Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die vom FG nur i.R. des § 102 FGO überprüft werden kann.
Normenkette
AO § 163; FGO § 40 Abs. 2; EStG § 13
Streitjahr(e)
2007, 2008
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen einer Anfechtungsklage und einer gleichzeitig erhobenen Verpflichtungsklage auf Erlass einer abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 Abgabenordnung (AO), ob Einkünfte aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind.
Die Klägerin war zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann Eigentümerin eines in X gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes, zu dem rund 18,5 ha Land gehörten. Mit dem Tod ihres Ehemannes im Oktober 2007 wurde die Klägerin als Alleinerbin auch Alleineigentümerin des Hofes. Noch im Jahr 2007 übertrug die Klägerin den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter dem Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs auf ihren Sohn Karl Brüning.
Die Eigenbewirtschaftung des Hofes war schon am 01.09.1977 aufgegeben worden. Ab diesem Zeitpunkt und auch in den Streitjahren waren 17,5 ha dieser Fläche an zwei Landwirte verpachtet. Die selbst genutzten Restflächen von 0,97 ha bestanden aus 4.470 qm Wald, 2.633 qm Hoffläche und 2.634 qm Weide. Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog eine Landabgaberente, die nach seinem Tod an die Klägerin als Witwenrente gezahlt wurde. Eine Betriebsaufgabe ist von der Klägerin und ihrem Rechtsvorgänger nicht erklärt worden. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind seit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen nicht erklärt worden. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden die Einkünfte aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen, die von der Klägerin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt worden waren, als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft behandelt.
Nach erfolglosem Vorverfahren streiten die Beteiligten im Klageverfahren über die Frage, ob die Einkünfte aus der Verpachtung dieser 17,5 ha landwirtschaftlicher Fläche zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören oder zu den Einkünften aus Vermietung aus Verpachtung. Die Klägerin behauptet hierzu, dass die in 1977 begonnene Verpachtung des größten Teils der landwirtschaftlichen Flächen zu einer „Zwangsbetriebsaufgabe” des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes geführt habe. Sie beruft sich dabei auf eine Billigkeitsregelung im koordinierten Erlass der Länderfinanzminister vom 28.12.1964, der die Annahme einer solchen Betriebsaufgabe ermöglicht habe, weil alle wesentlichen Betriebsgrundlagen parzellenweise verpachtet worden seien. Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen dieser Billigkeitsregelung, nämlich insbesondere die vollständige Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, nicht erfüllt seien, weil eine Fläche von knapp 1 ha für die Eigenbewirtschaftung zurückbehalten worden sei. Allein schon die der Klägerin verbliebene 4.470 qm große Forstfläche führe zur Annahme eines fortbestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Die Klägerin wendet hiergegen ein, dass die verbliebenen Flächen eine Ertrag bringende Bewirtschaftung nicht ermöglichten. Zumindest seien die verpachteten Flächen als landwirtschaftlicher Teilbetrieb anzusehen, der aufgegeben worden sei.
Bei den streitigen Einkommensteuerbescheiden handelt sich um sog. 0-Festsetzungen, d.h. die angefochtenen Bescheide weisen als Jahressteuerschuld jeweils 0 Euro aus. Die Klägerin trägt dazu vor, sie sei gleichwohl beschwert, weil die Zuordnung der Pachteinnahmen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft negative Auswirkungen auf ihre Rentenbezüge habe.
Die Klägerin begehrt außerdem, den Beklagten im Wege einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO zu verpflichten, die Pachteinkünfte den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen.
Die Klägerin beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 jeweils vom 15.02.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.04.2012 mit der Maßgabe zu ändern, dass die bisher als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft angesetzten Beträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen sind,
den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 jeweils vom 15.02.2010 i...