Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines hauptberuflich angestellten Kfz-Sachverständigen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Was unter dem Tatbestandsmerkmal „häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt der beruflichen Betätigung” zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht definiert. Nach herrschender Meinung beinhaltet der Begriff sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien.
  2. Ist ein Stpfl. nicht nur zu Hause sondern auch außerhalb tätig, muss darauf abgestellt werden, wo der Schwerpunkt der betrieblichen/beruflichen Arbeit liegt, für die er das Entgelt erhält, d. h. wo die für den Beruf wesentliche Kerntätigkeit vorgenommen wird.
  3. Bei einem hauptberuflich angestellten Kfz-Sachverständigen stellt das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit dar, wenn der Kernbereich der Tätigkeit in der Auswertung des aufgenommenen Schadens am häuslichen PC besteht.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.02.2003; Aktenzeichen VI R 84/02)

 

Tatbestand

Streitig ist im Wesentlichen die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Hauptberuflich ist der Kläger seit dem 01.06.1989 nichtselbstständig als Kfz-Sachverständiger und Regulierungsbeauftragter im Außendienst tätig. Bis 1996 stellte sein damaliger Arbeitgeber (V.-Versicherungen Düsseldorf) dem Kläger die Büroräume in H. zur Verfügung. Im Rahmen einer betriebliche Umstrukturierung wurde dem Kläger zum 31.12.1995 gekündigt bei gleichzeitiger Neueinstellung in einem Beteiligungsunternehmen, der Kfz-Sachverständigen GmbH, W. Da er das Büro in H. seither nicht mehr nutzen konnte, richtete er sich einen häuslichen Arbeitsbereich ein. Für die Ausübung seiner Tätigkeit stellte ihm der neue Arbeitgeber einen PC und eine ISDN-Leitung zur Verfügung.

In der Einkommensteuererklärung 1997 machte der Kläger Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 7.211,32 DM als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:

Telefonkosten (beruflicher Anteil): 969,58 DM

anteilige Hauskosten: 5.721,74 DM

Reinigung/Arbeitszimmer: 280 DM

AFA (10 %) Aktenschrank: 240 DM.

Das beklagte Finanzamt berücksichtigte diese Aufwendungen lediglich in Höhe von 2.400 DM, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung darstelle.

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 24.02.1999 legten die Kläger mit Schreiben vom 25.02.1999 Einspruch ein und begehrten den vollen Werbungskostenabzug der beantragten Arbeitszimmerkosten. Der Einspruch blieb jedoch ohne Erfolg.

Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Sie sind der Auffassung, das häusliche Arbeitszimmer des Klägers stelle sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht den Mittelpunkt seiner beruflichen und betrieblichen Betätigung dar. In qualitativer Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Kfz-Sachverständigen heutzutage nicht mehr in der Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs vor Ort liege. Hierbei handele es sich um eine bloße Hilfstätigkeit, die zeitlich zudem innerhalb weniger Minuten abgearbeitet werde. Der Kläger werde in seinem häuslichen Arbeitszimmer über ein Schadenereignis informiert. Daraufhin setze er sich mit der Kfz-Werkstatt oder den geschädigten Personen zwecks Terminabsprache in Verbindung. Parallel hierzu erarbeitete er anhand ihm vorliegender Statistiken die Grundsätze für das geschilderte Schadensbild und das Schadensereignis heraus. Er versuche somit im Vorfeld, die Besonderheiten des Kfz-Typs zu eruieren. Diese Tätigkeit erfolge ausschließlich in dem häuslichen Arbeitszimmer. Daraufhin erfolge die Inaugenscheinnahme des Kfz. Diese führe der Kläger selbst aus oder lasse sie durch Kfz-Werkstätten oder durch dritte Personen ausführen, die ihm die Fotos von dem beschädigten Kfz per E-Mail an seinen Computer im häuslichen Arbeitszimmer schickten. Wenn er selbst hinausfahre und die Inaugenscheinnahme persönlich vornehme, erfolge dies nur, wenn zeitlich hiermit kein größerer Aufwand verbunden sei, und ermöglicht werde, dass er seine Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer kurzfristig wieder aufnehmen könne. Nach Erstellung bzw. nach Erhalt der Fotos von dem havarierten Fahrzeug würden die Schadensbilder ausgewertet. Dies erfolge am heimischen Computer und unter Verwendung der im Arbeitszimmer vorhandenen Statistiken. Die anschließende Auswertung stelle die eigentlich sachverständige Tätigkeit dar. Qualitativ bilde diese den Schwerpunkt, d.h. die eigentliche Wertschöpfung erfolge in der Nachbearbeitung im häuslichen Arbeitszimmer.

Auch in quantitativer Hinsicht stellten die Vor- und Nachbearbeitung den Schwerpunkt dar. Bereits im eigenen Interesse, d.h. aus Gründen der Effektivit...

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