vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung von Umsätzen aus der Tätigkeit von Prostituierten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Umsätze aus einer sog. Bordellwohnung sind demjenigen zuzurechnen, der nach außen als Erbringer sämtlicher in einer solchen Wohnung erwarteten Dienstleistungen auftritt.
  2. Zu den Voraussetzungen und zum Inhalt einer Schätzung.
  3. Legt das FA bei seiner Schätzung einen durchschnittlichen Prostituiertenlohn von 150 DM/Freier zu Grunde, dürfte diese Schätzung eher am unteren Rand des Realistischen liegen. Eine Anzahl von zwei Freiern pro Tag und Prostituierter ist als Durchschnittswert nicht zu beanstanden. Die Schätzung liegt ebenfalls eher am unteren Rand des Wahrscheinlichen.
 

Normenkette

AO § 162; UStG § 2

 

Streitjahr(e)

1998, 1999, 2000

 

Tatbestand

Der Kläger war in den Streitjahren mit der Erzielung von Einnahmen aus der Tätigkeit von Prostituierten unternehmerisch tätig. Die Tätigkeit übte er teilweise gemeinschaftlich mit seinem Bekannten S aus.

Zur Erzielung der Einnahmen hatte S Anfang 1996 für eine Kaltmiete von monatlich 1.650 DM eine Wohnung in U gemietet. Bei dem Mietobjekt handelt es sich um ein kleines einstöckiges Gebäude mit einer Küche, einem Wohnraum und zwei Schlafzimmern. Die Wohnung diente in der Zeit vom 01.07.1996 bis 26.08.2000 der Ausübung der Prostitution.

S hatte ferner zumindest seit dem 01.01.1997 das Einfamilienhaus in B' gemietet. Im Erdgeschoss befanden sich ein Raum mit Sitzecke und Bartresen sowie zwei weitere Räume, ein Badezimmer und eine Küche. Das Obergeschoss bestand aus drei Zimmern, einem kleinen Badezimmer und einem Wohnzimmer. Ab 01.05.1998 war der Kläger Mieter des Grundstücks. Seit dieser Zeit diente das Obergeschoss ihm und seiner Lebensgefährtin als Wohnung. Im Übrigen wurde das Grundstück in der Zeit vom 01.01.1997 bis 26.08.2000 zur Ausübung der Prostitution genutzt.

Alle in den Wohnungen tätigen Prostituierten waren von dem Kläger und S allein oder gemeinschaftlich eingesetzt worden. Für die Wohnungen in B und V hatte S mit einzelnen Prostituierten formal Mietverträge abgeschlossen.

Am 25.02.1999 erteilte die Stadt U dem Kläger eine Konzession für den Betrieb des Nachtlokals in U als Schankwirtschaft und Nachtlokal. In dem zweigeschossigen Gebäudekomplex befand sich im Erdgeschoss ein größerer Barraum mit Sitzmöglichkeiten. Im Obergeschoss befanden sich neben einer abgetrennten Wohnung sieben Räume, von denen fünf mit Betten ausgestattet waren, sowie ein Badezimmer mit Whirlpool. Die Räume waren von der Rückfront des Gebäudes über einen umschlossenen Innenhof des Gebäudekomplexes zu erreichen. Pächter des Erdgeschosses war S; Mieter der darüber gelegenen Räume war der Kläger.

Die O wurde als Nachtlokal betrieben. Gleichzeitig bestand die Möglichkeit, Kontakt zu Prostituierten aufzunehmen. Die Prostitution wurde in den über dem Nachtlokal gelegenen Zimmern ausgeübt. Die in der O tätigen Prostituierten wurden überwiegend von dem Kläger und S angeworben. Gelegentlich waren in dem Nachtlokal von Dritten gestellte Prostituierte tätig. Die Bezahlung der Prostituierten erfolgte überwiegend im Nachtlokal, teilweise unter Verwendung eines Geldabrechnungsgerätes. In Zeiten, in denen mehr Prostituierte nachgefragt als anwesend waren, wurden weitere Prostituierte aus den Wohnungen in V und/oder B in die „O” gebracht.

Die Prostitution wurde in den vom Kläger im Obergeschoß der „O” angemieteten Räumen in der Zeit vom 01.03.1999 bis 26.08.2000 ausgeübt. Zwischen dem Kläger und S bestand Einigkeit, den Betrieb der Prostitution in B und V in der Zeit vom 01.01.1997 bis 30.04.1998 und in der „O” vom 01.03.1999 bis 26.08.2000 gemeinschaftlich im Rahmen einer GbR auszuüben. Entsprechend traten sie in dieser Zeit auch Dritten gegenüber nach außen hin als Betreiber auf.

Der Kläger hatte für 1998 keine Umsatzsteuererklärung abgegeben und in den Umsatzsteuererklärungen 1999 und 2000 nur die Umsätze aus dem Barbetrieb in der „O” angegeben. Die Umsätze aus dem Betrieb der Prostitution erklärte er nicht.

Nach den Feststellungen einer Fahndungsprüfung und den ihnen zugrunde liegenden polizeilichen Feststellungen waren in den Wohnungen bei Polizeikontrollen mehrfach regelmäßig teilweise mehrere Prostituierte angetroffen worden. Nach den Feststellungen waren in den Wohnungen neben im Einzelnen nicht näher identifizierten Prostituierten zumindest folgende Prostituierte in folgendem Umfang tätig:

MF vom 27.08.1997 bis 30.11.1997 an 93 Tagen in V und B, GM an 21 Tagen im August bis September 1997 in B, MG an 60 Tagen in der Zeit von September bis Dezember 1997 in B, AJ an 231 Tagen in der Zeit von Oktober 1997 bis Juni 1998 in B, AS an 47 Tagen in der Zeit vom 06.03. bis 23.04.1998 in B, LP an 14 Tagen in der Zeit vom 10.04.1998 bis 23.04.1998 in B, AR an 84 Tagen in der Zeit vom 05.03. bis 29.05.1999 in V, LC an 165 Tagen in der Zeit vom 09.03. bis 24.08.1999 in V und B und an 111 Tagen vom 05.05. bis 26.08.2000 in Bg, LB an 222 Tagen vom 10.05. bis 21.12.1999 in...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge