rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einheitswertminderung durch eine Mobilfunkanlage
Leitsatz (redaktionell)
- Die Aufzählung der wertmindernden Umstände in § 82 Abs. 1 BewG hat nur beispielhaften Charakter und ist nicht abschließend. Eine Wertermäßigung wegen Emissionen von Mobilfunkanlagen ist dadurch nicht von vornherein ausgeschlossen.
- Bei Wohngrundstücken kommt ein Abschlag nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG nur in Betracht, wenn die Bewohner gezwungen sind, ihre Lebensgewohnheiten bezüglich der Nutzung des Grundstücks in einer Weise einzuschränken, die bei einer üblichen Benutzung des Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit nicht mehr hingenommen würde.
- Die subjektive Betroffenheit durch eine Mobilfunkanlage, die sich dadurch äußert, dass bei längerem Aufenthalt in den Zimmern, von denen ein direkter Blickkontakt zur Anlage besteht, Kopfschmerzen entstehen, reicht nicht aus, einen Abschlag zu rechtfertigen.
Normenkette
BewG § 82
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Abschlag vom Einheitswert wegen einer Strahlungseinwirkung von einer Mobilfunkanlage.
Der Kläger erwarb im Jahre 1999 das bebaute Grundstück…und richtete darin nach Abschluss von Umbauarbeiten eine Heilpraktikerpraxis im Erdgeschoss sowie Wohnräume im Obergeschoss ein. Das Finanzamt nahm daraufhin für das Grundstück neben einer Zurechnung – auch eine Art – und Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2000 vor, mit der es die Grundstücksart gemischt genutztes Grundstück und den Einheitswert mit 104.300 DM feststellte.
Gegen die Wertfindung dieses Bescheides richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage, mit der der Kläger eine Herabsetzung des Einheitswertes mit dem Hinweis darauf erstrebt, dass in etwa 100 bis 200 m Entfernung auf dem Gebäude ...Straße eine Mobilfunkanlage für UMTS-Sender betrieben werde. Von dieser Anlage gehe eine Strahlenbelastung aus, die auf der dem Sender zugewandten Seite des Hauses bis zu 867 µW/qm betrage. Diese Strahlenbelastung habe nachteilige gesundheitliche Auswirkungen. So erleide er regelmäßig Kopfschmerzen, wenn er sich länger als 2 Stunden ununterbrochen in seinem Wohnzimmer aufhalte. Die Strahlung belaste seinen Organismus so stark, dass er und seine Frau unter Schlafstörungen litten. In wissenschaftlichen Abhandlungen werde empfohlen, die maximale Strahlenbelastung nicht auf Werte über 10 µW/qm ansteigen zu lassen, Werte über 100 µW/qm würden als gesundheitlich bedenklich angesehen. Diese Grenzen würden in seinem Haus weit übertroffen. Auch wenn die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschritten würden, seien Gesundheitsschäden jedoch nicht generell ausgeschlossen. Damit sei das Gebäude nur eingeschränkt nutzbar und in seinem Wert gemindert. Diese Wertminderung müsse sich im Einheitswert niederschlagen. Bei der Höhe der Wertminderung komme es letztlich nicht darauf an, in welchem Umfang tatsächlich Gesundheitsschäden durch die UMTS-Strahlung festgestellt würden. Ausreichend sei, dass potentielle Käufer von Grundstücken im Einzugsbereich von Sendemasten derartige Gesundheitsbeeinträchtigungen befürchteten und verunsichert seien und deshalb in ihrem Käuferverhalten Zurückhaltung übten. Deshalb könnten solche strahlenbelastete Grundstücke nur mit erheblichen Preisabschlägen verkauft werden. Die Wertminderung erfasse auch vermietete Grundstücke. Obgleich er – der Kläger – in der näheren Umgebung der Sendeanlage keine Mietminderung habe feststellen können, weil das Gebäude mit der Anlage einer karikativen Einrichtung gehöre und diese Einrichtung auch die daran angrenzenden Wohngebäude unterhalte, wodurch im Bereich der Sendeanlage kein freier Wohnungsmarkt herrsche, so sei doch allgemein bekannt, dass Mieter allein aus Furcht vor möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen Wohnungen in der Nähe von Sendeanlagen mieden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 26. März 2003 und Änderung der Wertfeststellung im Bescheid vom 15. Februar 2001 den Einheitswert für das Grundstück ............ auf 73.000 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er weist darauf hin, dass eine Ermäßigung des Einheitswertes nur nach Maßgabe des § 82 Bewertungsgesetz (BewG) möglich sei. Dazu reiche die Nähe zu einer schädlichen Emission nicht aus. Entscheidend sei, dass die Emission die bestimmungsmäßige ortsübliche Nutzung des Grundstücks in erheblichem Umfang beeinträchtige. Daran fehle es im Streitfall. Trotz der möglichen Gesundheitsgefährdungen könne das Grundstück uneingeschränkt genutzt werden.
Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze im Klage- und im Vorverfahren sowie auf den Inhalt des Protokolls der heutigen mündlichen Verhandlung vor Gericht Bezug genommen.
Das Gericht hat eine amtliche Auskunft der Bundesnetzagentur über die streitige Sendeanlage eingeholt. Danach entsprach die Anlage den am Bewertungsstichtag damals gültigen technischen Vorgaben. Der Sicherheitsabstand für die Einhaltung der Personenschutzgrenzwe...