Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Muss ein Steuerpflichtiger im Rahmen von Bereitschaftsdiensten auch an den Wochenenden erreichbar sein, darf er aber an den Wochenenden das Betriebsgebäude des Arbeitgebers nicht betreten und kann er seinen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber deswegen an den Wochenenden nicht nutzen, so steht ihm an den Wochenenden kein "anderer Arbeitsplatz" i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige machte als Leiter für internationale Bauprojekte Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Rahmen des Abzugs für einen am Wochenende fehlenden anderen Arbeitsplatz in Höhe von 1.250 Euro sowie Kosten für dessen Renovierung und Arbeitsmittel als weitere Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend, weil ihm der Zugang zum Betriebsgebäude an Wochenenden nicht möglich war. Dienstvertraglich war er allerdings zur ständigen Erreichbarkeit am Wochenende im Rahmen der ihm obliegenden Betreuung internationaler Projekte verpflichtet. Deshalb hat ihm der Arbeitgeber ein EDV-System, bestehend aus Laptop und Dockingstation sowie eine gesicherte Datenleitung nebst notwendiger Software zur Verfügung gestellt, um den gesicherten Zugriff auf seine auf dem Server des Arbeitgebers hinterlegten Arbeitsunterlagen zu haben. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten mit der Begründung ab, um Zugriff auf die Projektunterlagen zu haben, sei kein Arbeitszimmer erforderlich, sondern lediglich ein Internetzugang, sowie ein kleiner Stellplatz für die Hardware.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts sind im Urteilsfall die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für sein häusliches Arbeitszimmer nicht vom Abzug ausgeschlossen. Ihm stehe für die berufliche Tätigkeit an Wochenenden kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sodass dem Grunde nach ein Abzug möglich ist. Ob der Steuerpflichtige die ihm vom Arbeitgeber überlassene Hardware irgendwo anders innerhalb eines häuslichen Raumes hätte platzieren können, ist nach Auffassung des Finanzgerichts unerheblich. Entscheidungserheblich sei allein, dass er diese in einem eigenen Raum installiert habe, hinsichtlich dessen Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer keine weiteren Einwände erhoben wurden oder ersichtlich sind. Unerheblich sei auch, wie oft und in welchem zeitlichen Umfang er diese Hardware tatsächlich benutzt habe.
Hinweis
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Ob sie getätigt werden, unterliegt grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Steuerpflichtigen. Es kommt nach ständiger Rechtsprechung nicht darauf an, ob die Aufwendungen notwendig, üblich oder zweckmäßig sind. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG lässt einen Abzug von Aufwendungen nur dann nicht zu, wenn für die berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für den Fall, dass es wie im Urteilsfall an den Wochenenden im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes hieran fehlt, ist ein Abzug möglich, der auf maximal 1.250 Euro beschränkt ist, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 27.08.2016, 15 K 439/15