Rechtsunsicherheit der Regelungen des BMF-Schreibens vom 26.2.2021
[Ohne Titel]
RD Dipl.-Kfm., Dipl.-Finw. Dr. Jan Chr. Schumann
Das BMF-Schreiben v. 26.2.2021 (BMF v. 26.2.2021 – IV C 3 - S 2190/21/10002 :013 – DOK 2021/0231247, BStBl. I 2021, 298 = EStB 2021, 162 [Felten/Jäckel]) typisiert die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von bestimmter Computerhardware und Software auf genau ein Jahr und ermöglicht somit einen Sofortabzug entsprechender Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Da eine Rechtsgrundlage für das BMF-Schreiben zweifelhaft ist, sollte diese Möglichkeit nur mit äußerster Vorsicht genutzt werden.
1.Das BMF-Schreiben v. 26.2.2021
Mit Schreiben vom 26.2.2021 räumte das BMF ein Bewertungswahlrecht ein, bei bestimmter Computerhardware sowie Betriebs- und Anwendersoftware (digitale Wirtschaftsgüter) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr anzunehmen.
In der Folge können die Anschaffungs-/Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung/Herstellung in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
2. Kritische Reaktionen
Verschiedene Autoren haben bereits auf die fehlende Vereinbarkeit dieser Verwaltungsmeinung mit der handelsbilanziellen Gewinnermittlung hingewiesen.
Auch das IDW hält fest, dass sich die handelsrechtliche Schätzung der Nutzungsdauer an den betrieblichen Realitäten auszurichten habe. Für handelsbilanzielle Zwecke sei daher die Zugrundelegung einer einjährigen Nutzungsdauer für die begünstigten "digitalen Wirtschaftsgüter" regelmäßig nicht zulässig.
Der Bundesrechnungshof berichtete an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages über seine Zweifel, dass mit dem BMF-Schreiben v. 26.2.2021 eine rechtssichere Grundlage für eine steuerliche Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter vorliege. Er empfahl daher, die rechtssichere Ausgestaltung einer entsprechenden Abschreibungsmöglichkeit unter Beachtung der Budgethoheit des Parlaments gesetzgeberisch zu prüfen. Grundlage des Berichts ist die BFH-Rechtsprechung, wonach eine allgemeine Typisierung von Abschreibungszeiträumen durch Anweisung der Finanzverwaltung, die nur auf Ausnahmefälle zutrifft, gegen das für alle Einkunftsarten geltende Prinzip der periodengerechten Ermittlung der Einkünfte verstößt.
Auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kommt im Sachstand vom 16.6.2021 zu dem Ergebnis, dass die Kritik an der Umsetzung in Form eines BMF-Schreibens weitreichend – und mithin beachtlich – ist. Wegen der ungenügenden Rechtssicherheit für den Anwender hält er eine gesetzliche Verankerung deshalb für erstrebenswert.
3. Empfehlung für den Rechtsanwender
Nach alledem ist der steuerliche Rechtsanwender gut beraten, die Regelungen des BMF-Schreibens vom 26.2.2021 mit äußerster Vorsicht anzuwenden.
Denn im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist es zweifelhaft, ob diese Verwaltungsanweisung eine rechtssichere Grundlage für den sofortigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten bzw. für eine Sofortabschreibung bietet.