Dr. Hans Joachim Herrmann
Leitsatz
1. Wer Grundstücke durch Vermietung nutzt und damit privates Vermögen i. S. v. § 21 Abs. 1 EStG verwaltet, hat Veräußerungsgewinne grundsätzlich nicht zu versteuern, es sei denn, der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt bei Veräußerungen ab dem 1. 1. 1999 nicht mehr als 10 Jahre i. S. v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG ( → Spekulationsgeschäft ).
2. Hingegen ist keine private → Vermögensverwaltung , sondern ein → gewerblicher Grundstückshandel mit der Folge der Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen nach § 16 EStG (und ggfs. auch der Gewerbesteuer) anzunehmen, wenn jemand innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb oder der Errichtung mehr als drei Objekte veräußert ( → Gewerblicher Grundstückshandel ).
3. Objekte im Sinne der Drei-Objektgrenze sind nach Auffassung der Verwaltung (BStBl 1990 I 884, Tz. 9) nur Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen und zur Bebauung mit solchen Objekten vorgesehene Bauparzellen. Bei anderen Objekten – wie z. B. Mehrfamilienhäusern und gewerblichen Objekten – können auch weniger als 4 Veräußerungsvorgänge einen gewerblichen Grundstückshandel begründen.
4. Im Gegensatz dazu bezieht der I. Senat des BFH bei einem Grundstückshändler in die Drei-Objekt-Grenze als Objekte auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten unabhängig von der Größe und dem Wert des einzelnen Objekts ein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.05.1999, I R 118/97
Anmerkung:
Im Streitfall hatte die Klägerin innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums zwei Mehrfamilienhausgrundstücke und ein teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutztes Grundstück angeschafft und verkauft. Ob für einen solchen Handel mit Mehrfamilienhäusern und gewerblichen Objekten auch die Drei-Objekt-Grenze gilt, hatte der BFH bisher überwiegend unentschieden gelassen. Wenn der I. Senat des BFH diese Frage nun zugunsten von Grundstückshändlern in Anlehnung an andere händlerische Tätigkeiten – wie z. B. den Verkauf von Briefmarken oder Kunstgegenständen – entschieden hat, bleibt abzuwarten, ob andere Senate des BFH, bei denen entsprechende Fälle noch anhängig sind, dem I. Senat folgen oder die Frage dem Großen Senat des BFH vorlegen werden.
Es ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wenn der I. Senat den Verkauf von drei Grundstücken im Werte von 2-7 Millionen DM mit dem Verkauf von Briefmarken vergleicht. Für den Fall der Errichtung und des anschließenden Verkaufs zweier Supermärkte hat der X.Senat einen gewerblichen Grundstückshandel bejaht. Die weitere Entwicklung der BFH-Rechtsprechung in diesem Bereich bleibt abzuwarten. Steuerpflichtige und deren Berater sollten nach diesem steuerzahlerfreundlichen Urteil des BFH versuchen, in ähnlich gelagerten Fällen vom Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu erhalten. Hierfür sind die Chancen nach diesem Urteil zumindest gestiegen.