Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe bei außergerichtlicher Scheidungsfolgenvereinbarung im laufenden Scheidungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 48 Abs. 3 RVG ist es unerheblich, ob der Einigungsvertrag außergerichtlich oder im gerichtlichen Verfahren abgeschlossen wird. Entsprechendes gilt für den Versorgungsausgleich nach § 149 FamFG.
2. Unerheblich ist ferner, ob die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Regelungsgegenstände im Verfahren anhängig sind oder nicht.
3. Unerheblich ist, dass nach Abschluss des Einigungsvertrags der Scheidungsantrag zurückgenommen worden ist. Denn § 48 Abs. 3 RVG setzt lediglich voraus, dass nach Beiordnung in einer Ehesache ein Einigungsvertrag über einen der dort genannten Gegenstände geschlossen worden ist.
4. Die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe und der Anwaltsbeiordnung tritt im Zeitpunkt des Abschlusses des Einigungsvertrages kraft Gesetzes ein, ohne dass ein Erstreckungsantrag notwendig ist
Hinweis:
Der Entscheidung liegt eine Übertragung auf den Senat gem. § 568 S. 2 ZPO zugrunde.
Normenkette
FamFG § 149; RVG § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Haßfurt (Aktenzeichen 1 F 217/18) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Haßfurt vom 31.03.2021, Aktenzeichen 1 F 217/18, wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die der Antragstellerin mit Beschluss vom 20.08.2018 bewilligte Verfahrenskostenhilfe die notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung vom 14.08.2020 kraft Gesetzes umfasst mit Ausnahme des dort vereinbarten Unterhaltsanspruchs für das volljährige Kind der Ehegatten.
2. Die Zurückweisungsgebühr wird nicht erhoben.
Gründe
I Der Antragstellerin ist für ihr Ehescheidungsverfahren beim Amtsgericht Haßfurt, Az.: 1 F 217/18, mit Beschluss vom 20.08.2018 Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X als Verfahrensbevollmächtigten bewilligt worden.
Am 14.08.2020 schlossen die Antragstellerin und der Antragsgegner eine Scheidungsfolgenvereinbarung vor dem Notar Dr. ... in ..., URNr. .... Darin wurde u. a. der Versorgungsausgleich modifiziert, Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt der Antragstellerin geregelt und im übrigen wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet, ferner der Kindesunterhalt für den gemeinsamen minderjährigen Sohn geregelt und für die gemeinsame volljährige Tochter, geb. am ..., ein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner als echter Vertrag zugunsten Dritter vereinbart. In der Urkunde ist festgehalten, dass die darin enthaltenen Regelungen auf den Angaben des Rechtsanwalts X beruhen. Auf die Scheidungsfolgenvereinbarung vom 14.08.2020 wird ergänzend Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 28.09.2020 reichte Rechtsanwalt X diese zum Verfahren ein.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2020 beantragte Rechtsanwalt X, die der Antragstellerin gewährte Verfahrenskostenhilfe auf die am 14.08.2020 getroffene Scheidungsfolgenvereinbarung zu erweitern.
Am 31.03.2021 wies das Amtsgericht den Antrag vom 19.10.2020 zurück. Zur Begründung führte es u. a. aus, dass eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen außergerichtlichen Vergleich über nicht anhängige Verfahrensgegenstände nicht in Betracht komme. § 48 Abs. 3 RVG sei so auszulegen, dass auch außergerichtliche Einigungen erfasst würden, jedoch nur hinsichtlich anhängiger Verfahrensgegenstände. Soweit die Beteiligten in der Scheidungsfolgenvereinbarung auch den anhängigen Verfahrensgegenstand Versorgungsausgleich geregelt hätten, erstrecke sich die bewilligte Verfahrenskostenhilfe gem. §§ 149 FamFG, 48 Abs. 3 RVG auch ohne ausdrückliche Entscheidung auf die getroffene Vereinbarung.
Mit Schriftsatz vom 01.04.2021, eingegangen am 03.04.2021, nahm die Antragstellerin ihren Scheidungsantrag zurück.
Das Amtsgericht legte der Antragstellerin mit Beschluss vom 06.04.2021 die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Verfahrenswert fest. Die Festsetzung eines Vereinbarungswerts ist nicht erfolgt.
Gegen den ihr am 01.04.2021 zugestellten Beschluss vom 31.03.2021 wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.04.2021, eingegangen beim Oberlandesgericht Bamberg am selben Tag. Sie verfolgt ihren Erweiterungsantrag vom 19.10.2020 fort und teilt mit, dass infolge der zwischenzeitlichen Versöhnung der Ehegatten und Rücknahme des Scheidungsantrags auch die Festsetzung des Verfahrenswerts mit Beschluss vom 06.04.2021 abzuändern sei. Das Amtsgericht half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27.04.2021 nicht ab, sondern legte diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig, jedoch unbegründet, da die der Antragstellerin mit Beschluss vom 20.08.2018 bewilligte Verfahrenskostenhilfe kraft Gesetzes die notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung vom 14.08.2020 umfasst mit Ausnahme des Kindesunterhaltsanspruchs für die bereits volljährige Tochter der Ehegatten.
Dies bedarf der ausdrücklichen Klarstellung, d...